18. November 2008
Kooperationsvertrag der Uniklinik Köln mit der Bayer AG in der Kritik
Zehn Verbände und studentische Interessensvertretungen, darunter der Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte, medico international, die Kritischen Medizinstudierenden an der Uni Köln und die Coordination gegen BAYER-Gefahren, fordern die Universität Köln in einem Offenen Brief auf, den im Frühjahr geschlossenen Kooperationsvertrag mit der Bayer AG vollständig offen zu legen. Die Organisationen fürchten eine Neuausrichtung der pharmakologischen Forschung an der Kölner Uniklinik nach rein wirtschaftlichen Kriterien.
Bitte lesen Sie den heute veröffentlichten Brief im Wortlaut:
An die Universität zu Köln
50923 Köln
Sehr geehrte Damen und Herren,
im Frühjahr vereinbarte der Leverkusener Bayer-Konzern mit der Kölner Universitätsklinik eine Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Pharma-Forschung. Künftig sollen in den Bereichen Onkologie, Kardiologie und Erkrankungen des Zentralnervensystems gemeinsame klinische Studien durchgeführt werden. Geplant ist zudem die Einrichtung eines Graduiertenkollegs.
Die Pressestelle der Uni Köln verweigert „aus rechtlichen Gründen“ jegliche Aussage zur Gestaltung des Kooperationsvertrags. Die Umstände der Zusammenarbeit von Bayer und Universität sind damit vollkommen intransparent.
Wir möchten Sie daher bitten, die folgenden Fragen zu beantworten:
· In der Regel legt Bayer seinen Partner-Universitäten einen ausgearbeiteten Vertrag vor. War das auch im Kölner Fall so?
· Verzichtet die Uniklinik auf die negative Publikationsfreiheit – also darauf, auch fehlgeschlagene Experimente publik zu machen?
· Wird wegen der Wahrung von Betriebsgeheimnissen und Patentrechten der akademische Austausch eingeschränkt? Müssen Studien vor ihrer Veröffentlichung der Bayer AG vorgelegt werden?
· Wie wird sicher gestellt, dass Konzeption und Auswertung pharmakologischer Studien nicht allein durch ökonomische Interessen beeinflusst werden?
· Wie sind die Rechte an Arznei-Entwicklungen geregelt? Gibt es eine Vorausabtretung an Bayer? Gibt es eine Bestseller-Klausel, so dass die Universität im Fall erfolgreicher Erfindungen mit Erfolgsprämien rechnen kann?
· Die Behandlung zahlreicher Krankheiten lohnt sich ökonomisch nicht, da es entweder nur wenige Erkrankte gibt oder weil die Betroffenen überwiegend in armen Ländern leben. Wird die Forschungsfreiheit dadurch behindert, dass künftig nur in Bereichen geforscht wird, in denen ein ökonomischer Nutzen zu erwarten ist?
Thomas Lönngren, Chef der EU-Zulassungsbehörde European Medicines Agency, fordert angesichts der zunehmenden Abhängigkeit der Pharma-Forschung von der Industrie: „Wir brauchen mehr unabhängige Studien, die mit öffentlichen Mitteln finanziert werden“.
Wenn die Universitätsklinik Köln nun einen entgegengesetzten Weg geht, darf dies zumindest nicht im Verborgenen geschehen. Wir möchten daher öffentlich diskutieren, wie viele Rechte eine staatliche Einrichtung wie die Universität Köln an ein privatwirtschaftliches Unternehmen abtritt. Wir fordern Sie auf, den Vertrag mit der Bayer AG vollständig offen zu legen.
Mit freundlichen Grüßen,
Philipp Mimkes, Vorstand Coordination gegen BAYER-Gefahren
Prof. Dr. Wulf Dietrich, Vorsitzender Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte (VdÄÄ)
Dr. Thomas Schulz, Vorstand Verein demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP)
Werner Rügemer, Vorstand Business Crime Control e.V.
Kritische Medizinstudierende an der Universität Köln
medico international
BUKO Pharma Kampagne
Dieter Asselhoven, Alternative Liste an der Uni Köln
campus:grün Köln
Gesundheitsladen Köln