17. Oktober 2008, Neues Deutschland
Bayer AG beschädigt freie Lehre
Den Einfluss der Wirtschaft auf die Hochschulen wird heute kaum noch jemand unterschätzen. Dem konzernkritischen Netzwerk »Coordination gegen Bayer-Gefahren e.V.« ist es zu verdanken, das Ausmaß dieses Einflusses am Beispiel der Bayer AG verdeutlicht zu haben. Vor einigen Monaten machte die Kooperation der Uni Köln mit dem Leverkusener Konzern auf dem Gebiet der Pharmaforschung Schlagzeilen.
Das war allerdings nur die berühmte Spitze des Eisbergs. Jan Pehrke von den Bayer-Kritikern listet ca. 800 Kooperationen zwischen der Bayer AG und in- und ausländischen Forschungseinrichtungen auf. Von der Politik werden sie unter dem Stichwort der Standortförderung großzügig gefördert. Das »Bundesministerium für Bildung und Forschung« (BMBF) macht sogar häufig eine finanzielle Projektförderung von der Kooperation mit Bayer abhängig.
Der Pharmamulti hat noch ganz andere Möglichkeiten, um direkten Einfluss auf die Forschungspolitik auszuüben. Schließlich sitzt Bayer-Chef Werner Wenning in dem von Angela Merkel eingerichteten »Rat für Innovation und Wachstum«. Über den von der konservativ-liberalen NRW-Landesregierung geschaffenen Hochschulrat hat Bayer weitere Einflussmöglichkeiten auf die Hochschulpolitik seines Stammlandes.
Pehrke beschreibt, wie sich dieser Einfluss auf die Forschungspolitik konkret auswirkt. Demnach müssen sich die Hochschulen verpflichten, über fehlgeschlagene Experimente zu schweigen, Arzneimitteltests finden unter für Bayer günstigen Umständen statt. Von der Unabhängigkeit der wissenschaftlichen Forschung kann unter diesen Umständen wohl kaum gesprochen werden. Es bedarf einer großen gesellschaftlichen Bewegung, um nicht nur an den Hochschulen den Einfluss der Konzerne zurückzudrängen. Denn die Hochschulkooperation mit der Bayer AG ist kein Skandal, sondern eine nur besonders gut dokumentierte Normalität.
Von Peter Nowak