Kölner Stadt-Anzeiger, 13. August 2008
Bienensterben:
Strafanzeige gegen Bayer-Vorstand
Eine Strafanzeige gegen den Chef der Bayer AG, Werner Wenning, hat die „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ eingereicht. Die Organisation macht Wenning für das weltweite Bienensterben verantwortlich.
Leverkusen – Die „Coordination gegen Bayer-Gefahren“ (CBG) hat am Mittwoch bei der Staatsanwaltschaft Freiburg Strafanzeige gegen den Vorstandsvorsitzenden der Bayer AG, Werner Wenning, eingereicht. Der Verband wirft dem Leverkusener Konzern vor, über Jahre hinweg gefährliche Pestizide verkauft und dadurch Bienensterben in aller Welt in Kauf genommen zu haben. „Die CBG kooperiert mit Imkern, deren Bienen im Frühjahr durch das Bayer-Pestizid Poncho vergiftet wurden“, meldet die Organisation.
Der Beginn der Vermarktung der Bayer-Pestizide Gaucho und Poncho falle mit dem Auftreten großer Bienensterben in mehreren Ländern zusammen, heißt es in der Mitteilung des CBG. „Allein in Frankreich starben innerhalb von zehn Jahren rund 90 Milliarden Bienen, die Honigproduktion sank um bis zu 60 Prozent.“ Da Honigbienen außerdem den größten Teil der Blütenbestäubungen erbringen, seien auch die Erträge von Äpfeln, Birnen und Raps zurückgegangen.
Harro Schultze, Rechtsanwalt der CBG: „Die Staatsanwaltschaft muss dringend klären, welche Bemühungen der Bayer-Konzern unternommen hat, um ein drohendes Verbot der von ihm produzierten Pflanzenschutzmittel auf dem deutschen Markt zu verhindern, nachdem in Frankreich der Verkauf längst gestoppt worden war.“ Schultze unterstellt, dass „die von Bayer bei den Zulassungsbehörden eingereichten Studien derart angelegt wurden, dass die Bienengefährlichkeit der Wirkstoffe möglichst gering erschien und Pestizid-Rückstände in behandelten Pflanzen verharmlost wurden.“ (ksta)
Frankfurter Rundschau, 14. August 2008
Entschädigung zu gering
Berufsimker vor Ruin
Das in Süddeutschland beobachtete Bienensterben könnte einige Berufs-Imker in die Insolvenz treiben. Zwar hat der Bayer-Konzern, dessen Saatbeizmittel den Bienentod auslöste, zwei Millionen Euro an Pauschal-Entschädigung für den Verlust von 11 500 Bienenvölkern zur Verfügung gestellt. Diese Hilfe könne für die betroffenen 700 Hobby-Imker ausreichend sein, für das Dutzend Berufs-Imker würde sie aber mitunter den Ruin bedeuten, behaupten der Berufs- und Erwerbsimkerbund sowie der Bioland-Verband.
Bioland-Agrarexperte Gerald Wehde sieht im Vorgehen des mit der Regulierung beauftragten Regierungspräsidium in Freiburg den „Versuch der Erpressung“. So sollen Imker bei Annahme der Finanzhilfe „sämtliche bestehenden oder zukünftigen Schadenersatzansprüche“ an das Land Baden-Württemberg abtreten. Nach Darstellung des Regierungspräsidiums solle damit verhindert werden, dass Imker ihren Schaden etwa beim Saatguthersteller ein zweites Mal geltend machen.
Einer der Berufs-Imker, der 230 seiner zu Jahresbeginn 330 Völker verloren hatte, sagte zur FR, sein Schaden solle ihm nur zu 30 Prozent ersetzt werden. „Dann bin ich insolvent“, sagte der Imker.
Das bundeseigene Julius-Kühn-Institut hatte als Ursache des Bienensterbens das gegen Drahtwürmer- und Wurzelbohrerbefall in der Maissaat eingesetzte Bayer-Mittel Poncho ermittelt. Der darin enthaltene Wirkstoff Clothianidin haftete nicht ausreichend und gelangte in Blüten anderer Pflanzen. Das Mittel wurde nach Anordnung des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit vom Markt genommen, darf jedoch in diesem Herbst bei der Rapssaat wieder verwendet werden. An Raps hafte es besser.
Die Organisation Coordination gegen Bayer-Gefahren hat Strafantrag gegen den Konzern-Vorstand gestellt: Bayer trage durch seine Pestizide Poncho und Gaucho die Verantwortung für ein weltweit beobachtetes Bienensterben.
VON STEPHAN BÖRNECKE