Die Berliner Zeitung berichtet in ihrer Ausgabe vom 12. Oktober 2007 über ein Kartellverfahren gegen den BAYER-Konzern. In dem Text werden auch weitere Fälle illegaler Preisabsprachen genannt, die von der Coordination dokumentiert wurden (Infos zur Kampagne der CBG)
Aspirin bereitet Bayer Kopfschmerzen
Kartellamt durchsucht Konzernbüros wegen des Verdachts auf illegale Preisabsprachen
BERLIN. Wegen des Verdachts verbotener Preisabsprachen bei rezeptfreien Arzneimitteln wie dem Kopfschmerz-Klassiker Aspirin hat das Bundeskartellamt gestern Büros des Pharma-Konzerns Bayer in Köln und Leverkusen durchsucht. Es bestehe der Verdacht, dass ein Tochterunternehmen des Konzerns in wettbewerbswidriger Weise die Endkundenpreise für die verschreibungsfreien, aber apothekenpflichtigen Arzneien manipuliert habe – zum Schaden der Verbraucher, teilte die Behörde mit. Bayer kündigte an, die Ermittlungen der Wettbewerbsbehörde zu unterstützen. „Wir zeigen ihnen alles, was sie sehen wollen“, sagte Bayer-Sprecher Hartmut Alsfasser. Bayer dulde keine Preisabsprachen und gehe jedem Verdacht nach.
Verbotene Einflussnahme
Die für die rezeptfreien Arzneimittel zuständige Tochter Bayer Vital soll Apotheken neben den üblichen erlaubten Rabatten einen zusätzlichen Preisnachlass von bis zu drei Prozent gewährt haben. Damit sollten die Apotheken dazu bewegt werden, sich an die unverbindlichen Preisempfehlungen von Bayer Vital zu halten und von hohen und dauerhaften Preissenkungen abzusehen. „Eine solche Einflussnahme auf den Verkaufspreis des Händlers durch den Hersteller ist nach nationalem und europäischem Wettbewerbsrecht verboten und kann mit Bußgeldern geahndet werden“, so das Kartellamt.
Das Magazin Stern hatte berichtet, dass Bayer Vital mehr als 11 000 Apotheken mit Sonderrabatten dazu gebracht haben soll, die Preise für rezeptfreie Medikamente wie Aspirin hoch zu halten. Der Stern berief sich auf eine E-Mail eines Bayer-Managers an die Apotheken-Außendienstler. „Als nicht verantwortbar betrachten wir Preisaktionen mit Dauerniedrigpreisen oder mit Zeiträumen, die vier Wochen überschreiten“, zitierte das Magazin aus dem Schreiben. Nur unter Einhaltung dieser „Spielregeln“ könne ein besonderer Rabatt von bis zu drei Prozent gewährt werden. Bayer hatte sich daraufhin selbst an das Kartellamt gewandt, bestätigte aber gleichzeitig die Existenz der zitierten E-Mail. Sie sei aber unvollständig zitiert, denn in ihr werde auch betont, dass letzten Endes der Apotheker über den Preis zu entscheiden habe.
Bayer vertreibt eine umfangreiche Palette rezeptfreier Arzneimittel, dazu gehören neben Aspirin auch andere Klassiker wie die Heilsalbe Bepanthen oder die Fußpilz-Creme Canesten. Das Unternehmen erzielt damit weltweit Umsätze in Milliardenhöhe. Hersteller bekannter Produktmarken versuchen häufig, Sonderpreisaktionen des Handels zu vermeiden, da sie um das Image ihres Produkts fürchten.
Für rezeptfreie Medikamente existiert seit 2004 keine Preisbindung mehr. Doch führte die Liberalisierung auf dem Arzneimittelmarkt bisher nicht zu dem erhofften spürbaren Wettbewerb. Ein Apotheken-Check der Verbraucherzentralen im vergangenen Jahr ergab, dass sich bei fünf geprüften freiverkäuflichen Arzneimitteln mehr als 90 Prozent der Apotheken an die unverbindlichen Preisempfehlungen des Herstellers hielten.
In den vergangenen Jahren war Bayer mehrfach in illegale Preisabsprachen verstrickt und musste Millionenstrafen zahlen. So sprach der Konzern nach Angaben des Verbandes der Kritischen Aktionäre zwischen 1996 und 2001 mit Konkurrenten die Preise für Kautschuk ab. Zwischen 1998 und 2002 war er Teil eines Kartells für Polyole. In Italien wurde der Konzern der Preisabsprache für Diabetes-Tests für schuldig befunden. Wegen jahrelanger Preismanipulationen in den USA wurde Bayer zu einer Rekordstrafe von 257 Millionen Dollar verurteilt. (Stephan Kaufmann)