28. August 2007, Kölner Stadt-Anzeiger
Kritik an UN-Jugendkonferenz in Leverkusen
Leverkusen – Die Vereinten Nationen und die Bayer AG haben eine gemeinsame Umweltkonferenz für Jugendliche eröffnet – und damit sowohl Kritik als auch Zustimmung geerntet. Das fünftägige Treffen von 180 jungen Umweltschützern aus 85 Ländern begann am Montag im Erholungshaus der Bayer AG in Leverkusen, erster Redner war der Vorstandsvorsitzende Werner Wenning. Der 24-jährige Iraner Morteza Farajian äußerte sich erstaunt: „Ich wusste gar nichts von Bayer – ich hatte eine Einladung von den UN.“
Die Coordination gegen Bayer-Gefahren, ein Verbund von Kritikern des Pharma-Konzerns, warf den UN vor: „Die Kooperation mit einem Umweltsünder wie Bayer beschädigt die Glaubwürdigkeit der Vereinten Nationen.“ Deshalb müsse die Partnerschaft sofort beendet werden. „Lobbyisten von Bayer bekämpften in der Vergangenheit sämtliche Anstrengungen zum Umweltschutz – vom Kyoto-Protokoll bis hin zur EU-Chemikaliengesetzgebung“, bemängelte ein Sprecher des Verbunds.
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) bezeichnete diese Kritik als „abenteuerlich“. Bayer sei ein Vorzeigeunternehmen, das wirtschaftlichen Erfolg mit Engagement im Umweltschutz verbinde. „Die Probleme der Industriegesellschaft sind nur mit den Instrumenten der Industriegesellschaft zu lösen“, sagte Gabriel. Statt Konsumverzicht zu predigen müsse man technologische Lösungen finden. Der Direktor des UN-Umweltprogramms UNEP, Achim Steiner, sagte, die Zusammenarbeit zwischen den UN und Bayer sei „in keinster Weise ein Widerspruch“. Erfolgreiche Umweltpolitik sei heute „weniger Gegeneinander und mehr Miteinander“. Das bedeute überhaupt nicht, dass man unkritisch werde.
Bayer-Chef Wenning betonte, nachhaltiges Wachstum sei heute nur noch möglich, wenn man die Ökologie im Fokus habe. „Wir wissen, dass wir Teil des Umweltproblems sind, aber wir denken auch, dass wir Teil der Lösung sind.“ Die UNEP und Bayer arbeiten bereits seit drei Jahren zusammen und unterzeichneten am Montag einen neuen Dreijahresvertrag. Jedes Jahr unterstützt Bayer die UNEP mit 1,2 Millionen Euro.
Die sogenannten Tunza-Jugendkonferenzen sollen dazu beitragen, dass junge Leute aus aller Welt Umweltprobleme diskutieren und sich über mögliche Lösungen informieren können. „Wir befähigen junge Menschen überall auf der Welt dazu, sachkundige und zielstrebige Fürsprecher der globalen Umwelt zu werden“, erläuterte Steiner. Leonard Njamnshi (19) aus Kamerun sagte: „Alle sind von Umweltproblemen betroffen. Deshalb müssen Jugendliche aus aller Welt über Umweltprobleme diskutieren.“
Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) präsentierte Nordrhein-Westfalen vor dem internationalen Publikum als „Bundesland der Zukunft“ mit der modernsten Umwelttechnik weltweit. Um die Umwelt zu schützen, dürften keine Kosten und Mühen gescheut werden, sagte er: „Niemand kann heute bestreiten, dass wir Menschen dabei sind, unsere Umwelt zu zerstören – dass eine Klimakatastrophe droht, wenn wir so weitermachen.“ (dpa)