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Monheim

CBG Redaktion

Neue Rheinische Zeitung, 17.05.2007

Rückfall in den Kalten Krieg

Der BAYER-Konzern will eine Pipeline für hochgiftige Kohlenmonoxid von Dormagen nach Krefeld bauen. Das Vorhaben ist hochgefährlich, überflüssig und zudem klimaschädlich. Trotzdem wurde das Vorhaben im Landtag ohne einen einzigen Redebeitrag durchgewunken. In den betroffenen Gemeinden entlang der Pipeline formiert sich der Widerstand. Die Stadt Monheim sammelt Spenden für eine Klage. Als die Coordination gegen BAYER-Gefahren eine Spende überreichen will, interveniert die Lokalausgabe der Rheinischen Post mit einem antikommunistischen Artikel aus der Giftküche des Kalten Krieges.

Im Rathaus Monheim war ein Pressetermin angesetzt. Bürgermeister Dr. Thomas Dünchheim wollte eine Spende der Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) über 1.000 Euro in Empfang nehmen. Den CDU-Bürgermeister und das BAYER-kritische Netzwerk eint der Widerstand gegen eine hochgefährliche Gas-Pipeline, die vom BAYER-Werk in Dormagen zur Krefelder BAYER-Produktion führen soll.
Für Bürgermeister Dünchheim ist die Pipeline nicht nur eine „Todeszone“, sondern er hält sie auch für illegal, weil die dafür stattfindenden Enteignungen keinerlei rechtsfähige Grundlage hätten und nach „Gutsherrenart“ durchgeführt würden. Entsprechend hat der wackere Kommunal-Politiker bereits eigenhändig die Vermessungsstäbe der BAYER-Planer aus städtischem Boden herausgerissen und konfisziert.

Nach Meinung der Coordination ist die Giftröhre des BAYER-Konzerns „hochgefährlich für Zehntausende von AnwohnerInnen, überflüssig, weil das benötigte Gas auch in Krefeld direkt hergestellt werden kann, und zudem klimaschädlich, weil die Pipeline verhindert, dass die Kohlendioxid-Emissionen des Krefelder Werkes erheblich reduzieren werden.“ Und in der Tat, auch eine Studie der Stadt Ratingen kommt zu dem Schluss, dass nach einem Leck „mehr als 100.000 Anwohner (in Ratingen) gefährdet sind“. Tausende davon tödlich. Zudem gibt es bislang keinerlei Konzepte für den Katastrophenschutz im Ernstfall.

Die Pipeline war auf dem kurzen Dienstweg zwischen BAYER und der CDU-Landesregierung im Landtag in Form eines Gesetzes mit 476 Seiten und 246 Nebenbestimmungen – ohne einen einzigen Diskussionsbeitrag – durchgewunken worden. Dass so etwas funktioniert, dafür sorgen U-Boote im Parlament, wie etwa der CDU-Abgeordnete in BAYER-Diensten Karl Kress aus Dormagen. Bei solcher Kumpanei werden die nicht zu verheimlichenden Gefahren verharmlost und alle Haftungsrisiken von Regierung und Konzern abgewälzt. So heißt es im Planfeststellungbeschluss wörtlich: „Betriebsbedingte Risiken können … unter sehr ungünstigen und sehr unwahrscheinlichen Umständen auftreten. … Eine absolute Sicherheit ist … niemals zu erreichen und kann weder durch den zukünftigen Betreiber … noch behördlicherseits … erreicht werden.“ Weshalb also folglich auch niemand haftbar gemacht werden kann. Dabei sind Schäden bis hin zum Vollbruch der Giftleitung in einem erdbebengefährdeten Gebiet wie der Rheinschiene überhaupt nicht abwegig; und auch andere Großunfälle wie Explosionen, Flugzeugabstürze etc. sind keinesfalls außerhalb des Vorstellbaren. Von „betriebsbedingten“ Störungen, die am laufenden Meter in den BAYER- und anderen Industrieanlagen eintreten, ganz abgesehen. Das alles aber verschweigt der Gesetzesbeschluss.

Das sollte eigentlich ausreichen, um gemeinsam gegen dieses für die rechtsrheinische Bevölkerung zwischen Leverkusen und Duisburg gefährliche BAYER-Projekt vorzugehen. Wenn da nicht die Deutsche Kommunistische Partei (DKP) und die erzreaktionäre CDU-Postille Rheinische Post (Volksmund „Rheinische Pest“) wäre. Denn unmittelbar am Tag der geplanten Pressekonferenz in Monheim mit dem Bürgermeister und den Vertretern der CBG publizierte die Lokalausgabe der RP in einem Aufmacher, dass das Vorstandsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren Axel Köhler-Schnura Mitglied der DKP sei und dem Kreisvorstand dieser Partei in Düsseldorf angehöre. Und dann folgte die ganze Litanei von linksextremistischer Gefahr, von Verfassungsfeindlichkeit, vom Unrechtssystem DDR, von den Toten an der Mauer bis hin zu Brandanschlägen auf Landeskriminalämter und Fahrzeuge des Bundesgrenzschutzes. Fehlte nur die Gefahr einer kommunistischen Übernahme von Monheim. Und das ist allemal schlimmer als der Tod durch ein BAYER-Giftgas, immerhin geht der Bürgermeister im Ernstfall von ca. 2.500 Todesopfern in Monheim aus. Auf jeden Fall reichte es aus, um die Pressekonferenz im Rathaus kurzfristig platzen zu lassen: „Der Stadt ist bekannt geworden, das zwischen dem Verein und linksextremen Gruppierungen personelle Beziehungen bestehen. Deshalb ist eine Zusammenarbeit mit dem Verein nicht möglich.“

Nun ist die Tatsache, dass Axel Köhler-Schnura Mitglied der DKP ist und dort auch Funktionen wahrnimmt, nicht neu. Köhler-Schnura gründete zusammen mit anderen die CBG 1978 nach zwei großen Beinahe-Katastrophen im BAYER-Werk Wuppertal. Und seit der Zeit ist auch seine DKP-Mitgliedschaft bekannt. Die CBG selbst schreibt: „Diese unsachlichen Angriffe kennen wir seit 30 Jahren, mit antikommunistischen Angriffen auf die DKP-Mitgliedschaft unseres Gründungs- und Vorstandsmitglieds Axel Köhler-Schnura versucht der BAYER-Konzern immer wieder, von den Problemen für Umwelt und Mensch abzulenken. … Wir arbeiten bei der Lösung der vielen Probleme mit dem multinationalen BAYER-Konzern in mehr als 60 Ländern mit Menschen aller weltanschaulichen Richtungen, politischen Parteien und Berufsgruppen zusammen, mit Kommunisten ebenso wie mit Konservativen und kirchlichen Gruppen. Einzig mit Faschisten und Nazis kommt entsprechend eines Mitgliederversammlungsbeschlusses eine Zusammenarbeit für uns nicht in Frage.“

Und wenn in Monheim ein Vertreter einer Bürgerinitiative, der zufällig auch Mitglied der DKP ist, nicht ins Rathaus darf, dann bleibt zu fragen, was in Bottrop und anderen bundesdeutschen Städten los ist, wo doch dort – oftmals seit vielen Jahrzehnten und oftmals sehr erfolgreich – Kommunisten mit teilweise beachtlichen Fraktionen im Rathaus sitzen? Selbst im Düsseldorfer Stadtrat und in einigen Düsseldorfer Bezirksvertretungen sitzen Mitglieder der DKP. Angesichts von für die gesamte Menschheit existenziellen Problemen wie Klimakatastrophe und Zusammenbruch der sozialen Systeme ist es doch wohl allerhöchste Zeit sich von antikommunistischen Feind- und Zerrbildern aus den Zeiten des Kalten Krieges zu verabschieden und gemeinsam die Probleme zu bewältigen. Gerade erst ist Heiner Geisler, der sich übrigens als marxistischer Christ bezeichnet bei Attac eingetreten, wohl wissend, dass er dort auch Seite an Seite mit DKP-Mitgliedern gegen die verheerenden Auswirkungen der Globalisierung kämpft.

Der Coordination gegen BAYER-Gefahren geht es um die Sache, um das Wohl von Mensch und Umwelt. Sie hat auch nach abgesagter Pressekonferenz die Spende auf das städtische Spendenkonto überwiesen. Bürgermeister Dünchheim freut sich, den „sie hilft ein rechtsstaatliches Verfahren durchzuführen.“
(Weitere Informationen unter www.CBGnetwork.org/Zur Refinanzierung bzw. Erhöhung der Spende bitte die CBG um Überweisungen auf GLS-Bank 8016 533 000, BLZ 430 609 67
von Chr. LeMaan