Presseerklärung vom 19. August 2005
Zur Feier des 75jährigen Stadtjubiläums am Sonntag:
„Leverkusen muss sich aus Umklammerung des BAYER-Konzerns lösen“
Anlässlich der Leverkusener Jubiläumsfeier am Sonntag erinnert die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) an die andauernde Abhängigkeit der Stadt vom BAYER-Konzern. Philipp Mimkes vom Vorstand der CBG: „Leverkusen gehört wie Wolfsburg zu den Städten, die auf Initiative eines Konzerns hin gegründet wurden und die sich jahrzehntelang in einem totalen Abhängigkeitsverhältnis befanden. Der übermäßige Einfluss eines Unternehmens auf ein Gemeinwesen ist undemokratisch – es wird Zeit, dass sich die Stadt aus der Umklammerung von BAYER löst“.
Die BAYER-Fabrik in Wiesdorf, heute Stadtteil von Leverkusen, wurde Ende des 19. Jahrhunderts gebaut. Die Standort-Entscheidung fiel in erster Linie wegen der Möglichkeit, dort ungehindert Schadstoffe in Luft und Wasser zu emittieren – am alten Werksstandort in Wuppertal war es zu Protesten gegen die anhaltende Verschmutzung gekommen. Für Wiesdorf ergaben sich aus der raschen Expansion des Werkes zahlreiche Probleme: die Ausgaben für kommunale Einrichtungen wie Schulen und Verwaltungsgebäude trieben die Schulden der Gemeinde in die Höhe. Der Zugang zum Rhein wurde über mehrere Kilometer vom Werksgelände versperrt. Und die Infrastruktur wurde vollständig auf die Bedürfnisse des Werks hin ausgerichtet.
Bis vor wenigen Jahren wurde sogar der Haushalt der Stadt Leverkusen vor seiner Verabschiedung dem BAYER-Vorstand vorgelegt. Auch als Besitzer Tausender Wohnungen nahm das Unternehmen Einfluss. Vor einigen Jahren stellte der Konzern dank „kreativer Buchführung“ die Gewerbesteuerzahlungen vollständig ein; die Stadt steht seitdem vor dem finanziellen Kollaps.
Die CBG bemängelt auch die anhaltend hohe Umweltbelastung durch das Leverkusener BAYER-Werk. Aktuell in der Kritik steht die Landesgartenschau in der Leverkusener Dhünnaue, dort hatte das angrenzende BAYER-Werk jahrzehntelang giftige Chemikalien entsorgt und mangelhaft gesichert. In den 50er Jahren wurde das Gelände bebaut, die Bewohner erfuhren jedoch nichts von der Giftfracht auf ihren Grundstücken. Erst als es zu Vergiftungen und Todesfällen kam, wurden die Häuser abgerissen. Entgegen der Forderung von Umweltverbänden wurden die Giftstoffe jedoch nicht abgetragen, sondern nur seitlich abgedichtet. Um den Skandal zu kaschieren, wurde auf dem Gelände nun die Gartenschau eingerichtet, dort findet auch am Sonntag das „Jubiläums-Feuerwerk“ statt.
Uwe Friedrich von der Coordination gegen BAYER-Gefahren: „Mit Hilfe der Landesgartenschau soll vergessen gemacht werden, dass der BAYER-Konzern über Jahrzehnte hinweg die Gefahren der Dhünnaue – der größten bewohnten Giftmülldeponie Europas – verharmlost hat. Die Deponie vergiftete das Grundwasser und schädigte die Gesundheit zahlreicher Anwohner. Nur teilweise abgesichert soll nun im wahrsten Sinne des Wortes Gras über den Skandal wachsen.“ Die CBG fordert eine kritische Aufarbeitung der Leverkusener Stadtgeschichte, in der der Einfluss des Konzerns auf die Stadtentwicklung dargestellt wird.