deutsch
english
francais
espanol
italiano
Spenden
Photo
Klage wg. Glyphosat-Aufmacher

BAYER vs. taz

Na, das ist doch mal ein Geschäftsmodell: gleichzeitig die Krankheit und das Heilmittel verkaufen! Der BAYER-Konzern macht’s möglich, hat er doch sogleich das von der Weltgesundheitsorganisation als „wahrscheinlich krebserregend“ bewertete Pestizid Glyphosat und das passende Onkologie-Präparat dazu im Angebot. Unbezahlte Werbung für das „Krebs-Rundumpaket“ machte die Berliner Tageszeitung taz auf dem Cover ihrer Ausgabe vom 24. Oktober. Aber der Leverkusener Multi zeigte sich undankbar. Er zog vor Gericht, kam mit seiner Klage allerdings nicht durch. In der Vergangenheit hatte der Global Player da mit seinen Angriffen gegen die Pressefreiheit oft mehr Glück.

Von Jan Pehrke

Am 24. Oktober 2018 hatte die taz bei BAYER einen neuen Synergie-Effekt ausgehoben. „Der Chemie-Konzern verdient an einem Pestizid, das wahrscheinlich Krebs verursacht – und er verkauft ein teures Medikament, um diesen Krebs zu heilen“, konstatierte die Zeitung. Und wirklich bietet der Global Player die Arznei ALIQOPA als Therapeutikum gegen eben jene Krebsform an, wegen der Glyphosat zurzeit vor Gericht steht: das Non-Hodgkin-Lymphom, eine die Lymphdrüsen befallende Tumor-Art. Als „Krebs-Rundumpaket“ pries das Berliner Blatt deshalb diese Kombination aus dem glyphosat-haltigen ROUNDUP und dem Pharmazeutikum mit dem Wirkstoff Copanlisib auf ihrer Titelseite an. Neben der Sprühflasche mit dem Herbizid blitzte dort der sternförmige Störer „Super: macht Krebs“ auf - und neben dem Heilmittel ein solcher mit der Aufschrift „Super: heilt Krebs“. Ein paar Tage später hatte die taz eine Abmahnung aus Leverkusen auf dem Tisch. Der Agro-Riese forderte die Zeitung auf, nicht weiter zu behaupten, dass Glyphosat Krebs auslöse. Wenn das Blatt die Ausgabe mit dem entsprechenden Titel und dem dazugehörigen Artikel weiter verbreite und im Internet zugänglich halte, sei eine Vertragsstrafe und die Übernahme von BAYERs Anwaltskosten fällig, drohte der Multi. Aber die BerlinerInnen ließen sich nicht einschüchtern und schlugen zurück. Sie reichten eine „negative Feststellungsklage“ ein, die eine Beweislast-Umkehr in Gang bringt. Dieses Rechtsmittel hält die Gerichte nämlich dazu an zu prüfen, ob Unterlassungsansprüche tatsächlich bestehen. „Wenn wir bei der taz eine Abmahnung kriegen, wo wir einerseits meinen, der Gegner ist es wert, andererseits meinen, die ist dreist, dann empfehle ich das eigentlich immer“, so der Anwalt Johannes Eisenberg.
Und die Abmahnung von BAYER empfand er sogar als „ungewöhnlich dreist“, denn die Bild-Montage auf dem Cover sei klar erkennbar eine „Meinungsäußerung in satirischer Form“ und „keine beweispflichtige Tatsachenbehauptung“. Aber nicht nur deshalb empörte sich der Jurist. BAYER müsse „sich als Markt-Teilnehmer kritisch betrachten lassen“, hält Eisenberg fest. Das meint auch taz-Redakteur Jost Maurin. Dementsprechend verurteilte er den Pillen-Riesen für das Zustellen der Abmahnung: „Sie widerspricht den Beteuerungen des Konzerns, er werde stärker auf die Öffentlichkeit zugehen als MONSANTO vor der Übernahme durch BAYER.“
Mit dem juristischen Konter der taz hatte der Leverkusener Multi offenbar nicht gerechnet. Die negative Feststellungsklage bewog ihn, von seinem Vorhaben abzulassen. „Unsere Mandantin verpflichtet sich rechtsverbindlich, gerichtlich nicht gegen die von ihrer Mandantin als Satire eingeordnete Berichterstattung auf dem Titelblatt der taz vom 24.10.2018 vorzugehen“, schrieb BAYER-Rechtsanwalt Gernot Lehr. „Die Beklagte wollte eine kritische Berichterstattung unterbinden und hat jetzt Sorge, dass die Drohung ins Leere geht. Allein deshalb will sie den Prozess nicht. Sie kneift“, erklärte Eisenberg dazu. Der Global Player will das natürlich nicht auf sich sitzen lassen. „Die taz hat uns unterstellt, es sei das Geschäftsmodell von BAYER, Krebs zu erzeugen und zugleich zu heilen. Nachdem sie nun von sich aus klargestellt hat, dass diese Aufmachung lediglich als ‚Witz’ gemeint war, ist die Sache für uns erledigt“, so Konzern-Pressesprecher Christian Maertin. Das Unternehmen sieht den Zusammenhang nämlich ein bisschen anders. Es stelle Produkte her, „die einerseits dazu beitragen, eine hochwertige Ernährung von Millionen Menschen auf nachhaltige Weise zu sichern, und andererseits schwere Krankheiten zu behandeln“.

Klagen über Klagen
Maßnahmen gegen kritischen Journalismus zu ergreifen, hat beim Leverkusener Multi Tradition. So ging er 1988 gerichtlich gegen den Südwestfunk vor. Ihm passte ein Beitrag des Magazins Report über das BAYER-Ackergift NEMACUR nicht, das die JournalistInnen Dr. Imre Kerner und Dagni Kerner-Radek für schwerwiegende Gesundheitsstörungen im Raum Tübingen verantwortlich gemacht hatten. Besonders skandalös dabei: Der in den Bodenproben nachgewiesene NEMACUR-Wirkstoff Fenamiphos besaß in der Bundesrepublik gar keine Zulassung. BAYER leitete juristische Schritte ein, und das dem Konzern immer schon recht zugeneigte Kölner Landgericht gab der Klage nach Richtigstellung und Unterlassung statt. 2011 erwischte es das schweizerische TV-Magazin 10vor10 nach Reportagen über die Risiken und Nebenwirkungen des Verhütungsmittels YASMIN. Von „manipulativen“ Berichten sprach die Aktien-Gesellschaft und sah das Sachgerechtigkeitsgebot verletzt, was das Gericht jedoch anders sah.
Beim Internet-Portal Lifegen versuchte das Unternehmen es in der Sache mit einer Abmahnung und scheiterte ebenfalls. Die RedakteurInnen durften den Artikel zu der Pille, den sie von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN (CBG) übernommen hatten, weiterverbreiten. Auch bei der Webseite duckhome kam BAYER mit dieser Methode nicht zum Ziel: Der Kommentar zu dem Artikel „BAYER – so richtig schmutziger Turbo-Kapitalismus“ verblieb im World Wide Web.

Selbst Buch-Veröffentlichungen hintertrieb der Pharma-Riese schon mit juristischen Mitteln. Gegen das Werk „Der Dormagener Störfall“ von Klas Ewert Everwyn zog er Anfang der 1980er Jahre vor Gericht. Der Verfasser hatte den Literatur-Preis „Dormagener Federkiel“ erhalten, der mit der Auflage verbunden war, sich der Stadt in irgendeiner Form schriftstellerisch zu widmen. Everwyn musste nicht lange nach einem Sujet suchen. Da er im Ort auf die Allgegenwart BAYERs stieß, beschloss er, sich dem Unternehmen zuzuwenden. Von einem nur durch Glück glimpflich ausgegangenen Gift-Austritt in einer Pestizid-Anlage des Unternehmens ließ er sich zu seinem Buch inspirieren. Das rief sofort den Konzern auf den Plan. „Es ist doch etwas anderes, ob man sich mit der Kritik an gegenwärtigen Zuständen auseinanderzusetzen hat oder ob ein Schriftsteller BAYER einfach diffamiert“, meinte er. Der Multi drohte mit einer Prozesslawine und erreichte in einem Vergleich die Streichung des Namens „BAYER“ aus dem Text. Jegliche Ähnlichkeit des im „Dormagener Störfall“ erwähnten Unternehmens mit einem tatsächlich existierenden hatte der Autor als zufällig darzustellen. „Da es sich um ein Auftragswerk der Stadt Dormagen handelt, war es für mich zwingend, das dort ansässige große Chemie-Werk für meine Legende heranzuholen. Ich will weder das Werk noch seine Menschen diffamieren“, lautete die am Anfang des Oeuvres abzudruckende Erklärung. Dem Druck von Seiten BAYERs geschuldet, verschwand das Buch bald in der Versenkung und gelangte nie in den offiziellen Handel – bis die Coordination es 1997 neu herausgab.

Doch die CBG kann es nicht dabei belassen, Unterstützung zu gewähren, wenn BAYER wieder einmal danach trachtet, KritikerInnen mundtot zu machen. Oft genug bot sie dem Leverkusener Multi selbst ein Angriffsziel. 1990 mahnte er ein Titelbild von Stichwort BAYER ab, und 2001 untersagte er die Nutzung eines bestimmten Domain-Namens. Die langwierigste Auseinandersetzung mit dem Konzern um die Meinungsfreiheit begann aber im Jahr 1987. Damals hatte die Coordination einen Aufruf veröffentlicht und in einer „Gefahren für die Demokratie“ überschriebenen Passage konstatiert: „In seiner grenzenlosen Sucht nach Gewinnen und Profiten verletzt BAYER demokratische Prinzipien, Menschenrechte und politische Fairness. Missliebige Kritiker werden bespitzelt und unter Druck gesetzt, rechte und willfährige Politiker werden unterstützt und finanziert“.

Der Leverkusener Multi mochte das nicht gedruckt wissen und schaltete seine RechtsanwältInnen ein. In den ersten Instanzen bekam das Unternehmen Recht; ein Richter forderte sogar eine dreijährige Haftstrafe für einen CBGler. Die Coordination entschied sich dann nach reiflicher Überlegung, vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen, obwohl dieser Schritt mit erheblichen finanziellen Risiken verbunden war. Das erwies sich letztendlich als richtig, denn das BVG unter dem Vorsitz des späteren Bundespräsidenten Roman Herzog entschied zugunsten der CBG. Es hob die früheren RichterInnen-Sprüche auf, da diese „auf einer grundsätzlichen Verkennung der Grundrechte auf Meinungsäußerung und Pressefreiheit“ basieren würden. Was BAYER „mit Bedauern zur Kenntnis“ nahm, feierte CBG-Urgestein Axel Köhler-Schnura als „Erfolg für die gesamte Ökologie-Bewegung“. Der Spiegel maß dem Urteil damals ebenfalls eine große Bedeutung zu. „Es wird Folgen haben, weit über den BAYER-Fall hinaus“, schrieb das Blatt. Und in der Tat hat es für nachfolgende juristische Auseinandersetzungen um die Freiheit des Wortes eine große Bedeutung erlangen können.

„Die Jungs in Hamburg“
Auch unterhalb der juristischen Schwelle stehen dem Agro-Riesen viele Möglichkeiten zur Verfügung, eine missliebige Berichterstattung zu unterbinden. Ein bevorzugtes Mittel dabei ist der Anzeigen-Boykott. So mussten die Magazine Spiegel und Stern nach kritischen Artikeln immer mal wieder auf Annoncen von BAYER verzichten. „Damit die Jungs in Hamburg mal lernen, wer hier das Sagen hat“, hieß es dazu aus der Konzern-Zentrale. Manchmal zeigten diese sich dann auch lernwillig. 1983 etwa zog der Stern das Buch „Es war einmal ein Fluss“ im letzten Moment zurück, da das Magazin die Leverkusener Reaktionen fürchtete – spielte der Multi mit seinem Brunsbütteler Werk in dem Abgesang auf die Elbe doch eine prominente Rolle. Hatte die Zeitschrift die Arbeit seines Autoren Christian Jungblut zunächst als „Das Lehrstück vom Ausverkauf einer Landschaft“ beworben, so kanzelte sie Felix Schmidt von der Chef-Redaktion nun plötzlich gegenüber dem Branchen-Blatt Buchreport als „tendenziöse Auseinandersetzung“ ab und sprach von „konzeptionellen“ Differenzen. Erscheinen konnte die Arbeit von Jungblut aber dennoch: Der Kabel-Verlag sprang ein und veröffentlichte sie.
Düsseldorf musste ebenfalls bereits lernen, „wer hier das Sagen hat“. Nach einem Text über Störfall-Risiken stornierte BAYER kurzerhand die bisher regelmäßig im Stadtmagazin Überblick geschaltete ASPIRIN-Werbung. Äußerst empfindlich bei diesem Thema reagierte der Global Player auch im Jahr 2008. Nach der verheerenden Explosion in einem Werk am US-amerikanischen Standort Institute, die zwei Menschenleben kostete, arbeitete er eine Strategie aus, um nicht genehme Medien zu „marginalisieren“. Zudem kaufte das Unternehmen alle Fotos von dem Unglück auf. „Aus den Augen, aus dem Sinn“, lautete die Devise. Darum reagierte der Konzern auch äußerst misstrauisch auf einen vom ZDF geplanten TV-Film über einen vertuschten Störfall und verlangte Drehbuch-Einsicht. Die Sendeanstalt verbat sich das, woraufhin die FilmemacherInnen umgehend Schwierigkeiten bei der Motivsuche bekamen. BAYER und andere Chemie-Multis erteilten auf ihren Firmen-Arealen keine Dreh-Genehmigungen.

Selbst den Presserat bemühte der Leverkusener Multi schon. Dort reichte er 2013 eine Beschwerde gegen den Spiegel ein. Wegen eines kritischen Artikels über den Gerinnungshemmer XARELTO wollte er eine Rüge erwirken. Das gelang jedoch nicht. Nach Ansicht des zuständigen Ausschusses hatte das Nachrichtenmagazin weder unangemessen über medizinische Sachverhalte berichtet noch die journalistische Sorgfaltspflicht verletzt. Erfolgreicher gestaltete sich da schon die Operation gegen den Film „Unser täglich Gift gib‘ uns heute“, der sich mit dem Pestizid-Einsatz in Brasilien beschäftigte. Der Konzern übte Druck auf die Evangelische Kirche als Verleiher aus und sorgte so für ein Verschwinden des Werkes aus dem Programm.

Über den „Heimatsender“ WDR wacht der Gen-Gigant besonders streng. Regelmäßig versucht er, kritische TV-Berichte des Senders zu verhindern, z. B. den Film „Unter tödlichem Verdacht“, der die von BAYER verschwiegenen Risiken der Arznei TRASYLOL enthüllte. Eine Dokumentation des Journalisten Frans van der Meulen über Vergiftungen durch Holzschutzmittel wollte der Multi ebenfalls kippen. Bei einem Monitor-Beitrag über die mit Hilfe eines BAYER-Patents entwickelten chemischen Kampfstoffe VX und VE gelang ihm das 1984 auch. Eine Interview-Anfrage zu dem Thema reichte, um die Rechtsabteilung ein- und den Film auszuschalten. Redakteur Gerd Ruge teilte den Autoren Peter Kleinert und Jörg Heimbrecht mit, der Beitrag könne „leider nicht gesendet werden“, weil BAYER „im Hause interveniert“ hätte, und er sich dem beugen müsse.

Außergewöhnlich großen Anstoß erregte 1990 eine „Montagsreportage“. Darin gab der damalige Werksleiter des Leverkusener BAYER-Werkes, Dietrich Rosahl, nämlich zu, von der Umweltverschmutzung durch die örtliche Altlast-Deponie Dhünnaue gewusst zu haben. Da dieses Geständnis zu einem Strafverfahren führte, intervenierte der Pharma-Riese umgehend beim damaligen WDR-Fernsehdirektor Günter Struve. Die Sendung „Vor Ort“ indessen war zum letzten Mal live vor Ort, als sie über eben den Gusathion-GAU in Dormagen berichtete, der Klas Ewert Everwyn zu seinem Buch inspiriert hatte. Die dort ausgestrahlten Orginal-Töne waren für den Konzern zu schwer zu ertragen. Seither kommen die Lokaltermine aus der Konserve. Aber das nachbarschaftliche Verhältnis blieb gespannt. Nach einem anderen unliebsamen Fernsehbeitrag ließ der Leverkusener Multi gar Tausende von Flugblättern mit der Überschrift: „WDR - Da hilft nur noch abschalten“ verteilen. Den zu der Zeit amtierenden WDR-Intendanten Friedrich Nowottny versuchte BAYER einst über den Rundfunkrat zu stürzen. Und Post aus Leverkusen trudelte bei dem Gremium auch nach einem Hörfunk-Beitrag über „50 Jahre Pille“ ein, denn der Konzern hatte ein nettes Geburtstagsständchen erwartet und störte sich dementsprechend an Auslassungen zum gesundheitsgefährdenden Potenzial seines Verhütungsmittels YASMIN. Dem Hörfunk-Direktor brachte er das ebenfalls zu Gehör.

Nicht einmal die Sport-Berichterstattung ist vor der Aktien-Gesellschaft sicher, gilt es doch, die als „Plastik-Club“ verschriene Fußball-Abteilung vor Anfeindungen zu schützen. Dem Aktuellen Sportstudio warf der Konzern dereinst in dieser Sache „unterlassene Hilfeleistung“ vor, da es den ZuschauerInnen das dem Sportclub bei einem Pokalspiel entgegenschallende Pfeifkonzert nicht erspart hatte. „Wir haben uns immer noch mit einer sehr unangebrachten öffentlich-rechtlichen Arroganz auseinanderzusetzen“, tobte der ehemalige Sportdirektor Jürgen von Einem: „So geht man nicht mit Kunden um“. Ein verräterischer Satz: Als Kunde mit Anspruch auf Dienstleistungen definiert BAYER in aller Offenheit sein Verhältnis zu den Medien.

Ausgesprochen allergisch reagiert der Global Player stets, wenn die CBG in irgendeiner Form Platz in der Berichterstattung erhält. Als 1995 die Eröffnung einer neuen Produktionsanlage in Bitterfeld einen bitteren Beigeschmack zu bekommen drohte, weil ein CBGler im Radio Mephisto über die ökologischen Nebenwirkungen des Werkes und BAYERs Einflussnahme auf die Treuhand bei Gründung der Niederlassung plauderte, rief der damalige Presse-Chef des Konzerns direkt aus London bei der Radiostation an und forderte Sendeplatz – den er natürlich auch prompt bekam. Ein im Express schon fest eingeplanter Bericht über die BAYER-Hauptversammlung und Gegen-Aktivitäten verschwand nach einem kurzen Telefonat im Orkus. Dahin gesellte sich im Jahr 2008 auch ein langer Artikel über den 30. Geburtstag der CBG, den der Journalist Caspar Dohmen für die Süddeutsche Zeitung geschrieben hatte. Selbiges wollte der Leverkusener Multi im Jahr 2010 auch beim Kölner Stadtanzeiger erreichen. Ihm passte nicht, dass es im Video-Portal des Blattes einen Beitrag über die Aktivitäten der Coordination auf der BAYER-Hauptsammlung gab. Darum schrieb das Unternehmen einen Beschwerde-Brief an die Chefredaktion. Die Zeitung ließ sich aber ebenso wenig einschüchtern wie der Filmemacher, der dem Konzern antwortete, er suche sich seine Themen immer noch selber aus.

Das Vorgehen des Agro-Riesen gegen die taz steht also in einer Kontinuität. Bereits vor zehn Jahren nahm die Fall-Sammlung, die das Stichwort BAYER aus gegebenem Anlass – BAYER hatte gerade den Artikel der Süddeutschen Zeitung über die CBG abgewürgt – präsentierte, ein beeindruckendes Ausmaß angenommen. Und inzwischen ist die Liste mit den Angriffen des Konzerns gegen die Pressefreiheit noch einmal bedeutend länger geworden. Längst nicht alle führten zum Erfolg, trotzdem hat er sich nie von seinem Weg abbringen lassen. Darum dürfte selbst die schmetternde juristische Niederlage gegen die tageszeitung kaum erzieherisch wirken.