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Gegenanträge BAYER HV

9. März 2012

Axel Köhler-Schnura, Vorstandsmitglied der Coordination gegen BAYER-Gefahren, hat heute einen Gegenantrag zur BAYER-Hauptversammlung am 27. April in Köln eingereicht. Die Gegenanträge wurden auch auf der website des Konzerns veröffentlicht.

Hauptversammlung am 27. April 2012

Hiermit zeige ich an, dass ich zu Punkt 2 und 3 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widerspreche und die anderen Aktionäre veranlassen werde, für die folgenden Gegenanträge zu stimmen. Um Mitteilung der Gegenanträge sowie der Begründung darf ich gemäß §§ 125, 126 AktG bitten.

Gegenantrag zu TOP 2: Der Vorstand wird nicht entlastet

Begründung: BAYER verlegt immer mehr gefährliche Medikamenten-Versuche in arme Länder. Dort locken ein großes Reservoir an Probanden, niedrige Preise, schnelle Verfahren und geringe behördliche Aufsicht. Allein in Indien kam es bei Menschenversuchen von BAYER zu mindestens 138 Todesfällen. Der Vorstand trägt hierfür die Verantwortung.

Immer mehr Pharma-Studien werden in Schwellenländer verlagert. Insbesondere Indien ist aufgrund der niedrigen Kosten, der Englischkenntnisse der Bevölkerung, der großen Masse an Probanden und der laxen behördlichen Kontrollen für die Firmen attraktiv.
Derzeit lassen westliche Unternehmen etwa 1.900 Studien mit 150.000 Probanden in Indien durchführen und zahlen hierfür etwa eine halbe Milliarde Euro pro Jahr. Gleichzeitig nimmt die Zahl der Geschädigten von Jahr zu Jahr zu: innerhalb von vier Jahren starben nach Angaben des indischen Gesundheitsministeriums mehr als 1.700 Proband/innen.
Die Testpersonen sind überwiegend extrem arm und analphabetisch; in vielen Fällen werden Einverständniserklärungen von Dritten unterzeichnet. Die wenigsten Probanden wissen, auf welche Gefahren sie sich einlassen. Die für die Kontrolle zuständigen Ethik-Kommissionen bestehen oft nur auf dem Papier.
Auch der BAYER-Konzern lässt seit Jahren Menschenversuche in Indien durchführen. Derzeit beauftragt BAYER dort Studien mit der Krebs-Arznei Nexavar, dem Augen-Präparat VEGF und dem Bluter-Medikament Kogenate. Kürzlich abgeschlossen wurden Versuche mit dem Potenzmittel Levitra, dem umstrittenen Thrombose-Präparat Xarelto, dem Diabetikum Glucobay, der Hormon-Spirale Mirena und dem Röntgen-Kontrastmittel Gadovist.
Auch in weiteren Ländern mit großen Armutspopulationen wie Kolumbien, Pakistan, Moldawien, den Philippinen und China führt BAYER Menschenversuche durch.
Laut indischem Gesundheitsministerium kamen bei den von BAYER in Auftrag gegebenen Studien innerhalb der letzten vier Jahre mindestens 138 Versuchspersonen ums Leben. Allein vier Probanden starben an Nebenwirkungen des Thrombosemittels Xarelto. BAYER hat den Hinterbliebenen Entschädigungen von gerade mal 5.250 Dollar gezahlt - in Europa oder den USA drohen in solchen Fällen Millionenklagen.
Experten halten die offiziellen Zahlen für viel zu niedrig. Dr. Chandra Gulhati von der Fachzeitschrift Medical Specialties, der die Entwicklung seit Jahren dokumentiert: „Es sind viel mehr, weil die meisten Toten gar nicht gemeldet werden. Die Angehörigen wissen nicht, dass die Verstorbenen Teil einer Studie waren. Es wird nicht ermittelt, es finden keine Obduktionen zur Ermittlung der Todesursache statt“.
Selbst wenn die offiziellen Daten unvollständig sind, so widerlegt die Aufstellung der indischen Regierung eindeutig die Aussage des ehemaligen BAYER-Chefs Werner Wenning in der Hauptversammlung 2010, wonach es bei klinischen Studien in Indien zu keinen schweren Zwischenfällen gekommen sei.
Die Coordination gegen BAYER-Gefahren fordert daher Aufklärung über alle Zwischenfälle bei Pharmatests von BAYER. In einem Schreiben der CBG an Marijn Dekkers heißt es:

Wir fordern Sie auf, alle relevanten Daten zu klinischen Studien des BAYER-Konzerns in Indien in den vergangenen 5 Jahren offen zu legen. Bitte legen Sie für jede Studie einzeln dar:
=> Welches Präparat wurde untersucht? Mit welcher Dosis?
=> Wer wurde mit der Untersuchung beauftragt? Wo wurden die Tests durchgeführt?
=> Wie viele Proband/innen haben das Präparat über welchen Zeitraum eingenommen?
=> Welche Nebenwirkungen traten in welcher Häufigkeit auf?
=> Wie viele Todesfälle gab es?
=> Welche Kompensation wurde Hinterbliebenen und Geschädigten gezahlt?
=> Welche Vorkehrungen werden getroffen, damit es zu keinen weiteren Zwischenfällen kommt?
Trotz des großen öffentlichen Interesses hat BAYER es nicht für nötig befunden, auf das Schreiben zu antworten.

BAYER verstößt zudem gegen die Helsinki-Deklaration, mit welcher der Weltärztebund verbindliche Standards für klinische Studien formuliert hat. Darin heißt es: „In der medizinischen Forschung muss das Wohlergehen der einzelnen Versuchsperson Vorrang vor allen anderen Interessen haben“. Auch verstößt BAYER gegen die Vorgabe der Deklaration, wonach Experimente mit Benachteiligten immer auch den Betroffenen selbst zu nützen haben und die Probanden nach Ablauf der Versuche einen Anspruch darauf haben, die Arzneien weiter zu erhalten. Beides ist in Indien und anderen Schwellenländern nicht der Fall.
Pharma-Studien in Ländern des Südens müssen nach denselben Standards durchgeführt werden wie in Europa oder den USA. Geschädigte und Hinterbliebene müssen die gleichen Entschädigungen erhalten– nur dann werden gefährliche Billig-Studien unattraktiv.
Der Vorstand trägt die Verantwortung für die geschilderten Missstände. Ihm ist die Entlastung daher zu verweigern.

Mit freundlichen Grüßen,

Axel Köhler-Schnura
Vorstandsmitglied Coordination gegen BAYER-Gefahren