Im Jahr 2015 bewertete die „Internationale Agentur für Krebsforschung“ (IARC) der Weltgesundheitsorganisation Glyphosat als „wahrscheinlich krebserregend“ und setzte sich damit von der Einschätzung des „Bundesinstituts für Risiko-Bewertung“ ab. Die Politik sah Klärungsbedarf und erbat vom BfR eine Stellungnahme. Daraufhin erstellte die Behörde eine ergänzende Expertise. Die Kurzfassung dieses „Addendum I“ ging dann als Handreichung an das Bundeslandwirtschaftsministerium. Die Initiative „FRAGDENSTAAT“ forderte dieses Gutachten unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz an und veröffentlichte es. Das behagte dem BfR gar nicht. Es verklagte FRAGDENSTAAT wegen Verletzung des Urheberrechts und focht das Verfahren auf Kosten der SteuerzahlerInnen durch alle Instanzen bis zum Bundesgerichtshof durch. Dieser urteilte allerdings im Sinne der Transparenz-AktivistInnen. „Das Glyphosat-Urteil dürfte Auswirkungen auf die Zensurheberrechtspraxis [sic] deutscher Behörden haben. Immer wieder versuchen Behörden, mit Berufung auf das Urheberrecht die Veröffentlichung von Dokumenten zu verhindern. Das BfR zeigt eindrücklich, wie man es nicht machen sollte“, erklärte FRAGDENSTAAT nach dem Sieg. Die Organisation fordert die Politik nun zu einer gesetzlichen juristischen Klarstellung auf und mahnt eine Veränderung des § 5 des Urheberrecht-Gesetzes an.
Schadensersatz wg. Benzol-Rückständen
Im September 2021 ordnete die US-amerikanische Gesundheitsbehörde FDA die Marktrücknahme von Sonnencreme der Marke COPPERTONE an, da sich in den Produkten Benzol-Rückstände fanden. Kurz darauf reichten KäuferInnen der Mittel eine Sammelklage ein, die auch Erfolg hatte. BEIERSDORF als der jetzige und BAYER als einstiger COPPERTONE-Besitzer mussten 2,3 Millionen Dollar zahlen.
BAYER gewinnt Schiedsverfahren
Im Zuge der MONSANTO-Übernahme musste der BAYER-Konzern sich auf Anordnung der EU-Wettbewerbsbehörde von Teilen seines Agrochemie-Geschäfts trennen, da er sonst den Markt noch stärker dominiert hätte. Darum verkaufte der Global Player seine gen-manipulierten Raps-, Soja- und Baumwoll-Pflanzen der „LIBERTY LINK“-Baureihe sowie das auf diese Labor-Kreationen abgestimmte Herbizid Glufosinat, die Gemüsesaatgut-Sparte, Saatgutbehandlungsmittel wie PONCHO und seine Plattform für digitale Landwirtschaft an die BASF. 7,6 Milliarden Euro zahlte diese dafür und übernahm dabei auch einen Großteil der Belegschaft. Die Ludwigshafer Chemie-Firma fühlte sich bei dem Deal jedoch übervorteilt. Besonders bei den Personalkosten hat BAYER nach Ansicht der BASF mit falschen Zahlen operiert. Darum strengte die Aktien-Gesellschaft in der Sache ein Schiedsverfahren beim „International Chamber of Commerce“ (ICC) an und forderte eine Ausgleichszahlung in Höhe von 1,7 Milliarden Euro plus Zinsen ein. Das ICC lehnte das Begehr im August 2022 jedoch ab, und der Leverkusener Multi konnte sich bestätigt fühlen. „BAYER hat über die Kostenstruktur der im August 2018 durch BASF übernommenen Saatgut-Geschäfte ordnungsgemäß informiert und keine vertraglichen Verpflichtungen verletzt“, verlautete aus der Unternehmenszentrale.
BAYER vs. Mexiko #1
Im Jahr 2020 hat die mexikanische Regierung eine Vereinbarung mit dem Büro für Projektdienste der Vereinten Nationen (UNOPS) über die Lieferung essentieller Arzneien geschlossen, um die Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten zu erschwinglichen Preisen sicherzustellen. Der BAYER-Konzern fühlte dadurch seine Geschäfte beeinträchtigt. Deshalb reichte er gegen die gesetzliche Bestimmung, die es dem Land erlaubt, Gesundheitsgüter über internationale Organisation wie die UN zu beschaffen, eine Klage ein.
BAYER vs. Mexiko #2
Im Jahr 2020 hat die mexikanische Regierung ein Glyphosat-Verbot beschlossen, das 2024 in Kraft tritt. Die BAYER-Tochter MONSANTO ging dagegen gerichtlich vor und bekam im Juli 2022 Recht zugesprochen. Der Richter Francisco Javier Rebolledo Peña erklärte das entsprechende Gesetz für verfassungswidrig. Das Umweltministerium griff das Urteil scharf an, da es „nur ein privates transnationales Unternehmen begünstige“. Javier warf es vor, „die durch den Einsatz dieses Herbizids verursachten Gesundheitsschäden für die mexikanische Bevölkerung nicht berücksichtigt“ zu haben. An den Kläger richtete sich ebenfalls Kritik: „Mit irreführenden Argumenten versucht MONSANTO, das Vorsorgeprinzip zu ignorieren, das Mexiko in verschiedenen Konventionen und Gesetzen übernommen hat.“ Umweltministerin María Luisa Albores kündigte derweil an, das Votum anfechten zu wollen, das auch bei zivilgesellschaftlichen Organisationen auf Empörung stieß. „Wir können nicht von unserer Verpflichtung zurücktreten, Leben zu schützen, für angemessene Umweltbedingungen zu sorgen und die biologische Vielfalt zu erhalten“, so die Politikerin. Und Staatspräsident Andrés Manuel Lopéz Obrador zog sogar eine Untersuchung über das Zustandekommen des RichterInnen-Spruchs in Betracht.
BAYER vs. Mexiko #3
In Mexiko tritt 2024 ein Glyphosat-Verbot in Kraft (s. o.). Aber schon jetzt unternimmt das Land Schritte, um den Verbrauch zu senken. So hat der „Nationale Rat für Wissenschaft und Technologie“ für das laufende Jahr eine Reduzierung der Importe um die Hälfte im Vergleich zu 2021 empfohlen. Das fochten BAYER & Co. vor Gericht an, die Konzerne konnten sich jedoch nicht durchsetzen. Mitte Oktober 2021 wies der Oberste Gerichtshof des Staates die Einsprüche der Agro-Riesen und ihrer Verbände ab.
Glyphosat-Prozess: Annahme verweigert
Nachdem der BAYER-Konzern die Vergleichsverhandlungen in Sachen „Glyphosat“ im Mai 2021 hatte platzen lassen, verfolgte er einen Plan B. Der Agro-Riese wollte vor dem Obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten ein Grundsatz-Urteil in seinem Sinne erwirken, „wodurch die Rechtsstreitigkeiten zu Glyphosat in den USA weitgehend beendet würden“. Der Supreme Court lehnte es jedoch ab, sich mit dem Fall „Hardeman“ zu befassen und folgte damit einer Empfehlung der US-Generalstaatsanwältin Elisabeth Prelogar. Diese hatte die Argumentation des Leverkusener Multis, wonach es sich bei der Causa um eine Bundesangelegenheit handle, nicht gelten lassen. Auch wenn die zentrale Umweltbehörde EPA das Mittel der BAYER-Tochter MONSANTO zugelassen und Krebs-Warnungen auf den Produkten verboten habe, könne ein kalifornisches Gericht sehr wohl anderer Meinung sein und BAYER zu Entschädigungszahlungen verurteilen, so Prelogar. Trotzdem versuchte der Global Player es weiter. Aber auch das Verfahren „Pilliod v. MONSANTO“ nahm der Oberste Gerichtshof nicht an. Und das Ansinnen, „Carson v. MONSANTO“ bis nach Washington zu bringen, scheiterte ebenfalls, obwohl das Unternehmen sich hier etwas ganz Besonderes ausgedacht hatte. Es gab einen schon gewonnenen Prozess im Nachhinein verloren und zahlte dem Unterlegenen John Carson 100.000 Dollar, damit dieser in Berufung geht und der juristischen Auseinandersetzung so den weiteren Weg durch die Instanzen eröffnet. Hier spekulierte der Global Player dann auf einen Sieg, der ihn dazu berechtigte, den Supreme Court anzurufen, damit dieser angesichts unterschiedlicher Glyphosat-Entscheidungen von Berufungsgerichten ein Machtwort spricht. So weit kam es allerdings nicht. Vor dem „11th U.S. Circuit Court of Appeals“ war Schluss, da die RichterInnen Carson recht gaben.
Imker erhält Glyphosat-Entschädigung
Der Imker Sebastian Seusing bekommt Schadensersatz zugesprochen, weil Glyphosat seinen Honig verunreinigte und er ein Drittel seiner Ernte – vier Tonnen – vernichten musste. Die Rückstände des BAYER-Produkts DURANO TF überstiegen den zulässigen Grenzwert um das 160-Fache. Das Landgericht Frankfurt (Oder) verurteilte die Agrar-Firma, die das Ackergift in der Nähe der Bienenstöcke ausbrachte, zu einer Zahlung in Höhe von 14.544 Euro. Es sah „in der Kontamination der Erzeugnisse in den Bienenstöcken mit Glyphosat eine fahrlässige Pflichtverletzung des Landwirtschaftsbetriebs“, so Gerichtsprecher Michael Smolski, „weil die Bienenkästen für die Beklagte erkennbar aufgestellt waren“. Darum wollte er das Votum auch nicht als Grundsatz-Urteil verstanden wissen. Seusings Anwalt sprach hingegen von einem „Präzedenz-Fall“. Und Thomas Radetzki von der AURELIA-STIFTUNG, die den Bienenzüchter in dem Prozess unterstützt hatte, sagte: „Wir hoffen, dass Landwirte künftig sensibler bei der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln sind, jedenfalls bei blühenden Pflanzenbeständen.“ Entsprechende Warnungen der Behörden gibt es schon länger. So empfahl die brandenburgische Landwirtschaftsbehörde bereits 2016: „Die Anwendung glyphosat-haltiger Herbizide in blühende Pflanzenbestände, sofern sie als Bienentracht in Frage kommen, sollte vermieden werden.“ Genützt hat es offenbar wenig. Glyphosat und andere Pestizide gefährden nach wie vor das Leben der Bienen und kontaminieren ihren Honig. Seusing hat das schlussendlich zur Aufgabe seines Betriebs bewogen.
BAYER vs. Luxemburg
Anfang des Jahres hat Luxemburg die Zulassung von zahlreichen glyphosat-haltigen Agro-Chemikalien nicht verlängert. Der BAYER-Konzern akzeptierte diese Entscheidung nicht. Er sprach dem Land das Recht ab, sich über die geltende EU-Genehmigung hinwegzusetzen und reichte eine Klage ein. In erster Instanz bekam der Leverkusener Multi Recht. Das Gericht befand, es sei „Luxemburg nicht gestattet, einseitig ein allgemeines Verbot (…) zu erlassen und die Durchführungsverordnung 2017/2324 der Europäischen Kommission zu ignorieren“. Der Staat kündigte allerdings an, das Urteil anfechten zu wollen.
Glyphosat: Baumann muss aussagen
Die AnwältInnen der Glyphosat-Geschädigten Cornelius und Labommie Kilgore haben beantragt, den BAYER-Vorstandsvorsitzenden Werner Baumann in dem Prozess zu befragen und vom zuständigen Richter Robert Gibson auch die Genehmigung dafür erhalten. „Als Chef des Unternehmens gibt es niemanden, der besser darüber Bescheid weiß, was die Firma tut“, so Gibson. „Es ist für Herrn Baumann kaum eine Belastung, sich einen Tag Zeit zu nehmen, um zu dem vielleicht größten Problem seiner Gesellschaft Rede und Antwort zu stehen“, hielt er fest. Die JuristInnen des Leverkusener Multis wollten das nicht akzeptieren und haben Widerspruch gegen die Vorladung eingelegt.
BAYER gewinnt Glyphosat-Prozess
Anfang September 2022 gewann BAYER ein Schadensersatz-Verfahren in Sachen „Glyphosat“. Damit konnte sich der Agro-Riese bereits in fünf von acht Verfahren durchsetzen. Obwohl die AnwältInnen der KlägerInnen Beweis-Material zur krebserregenden Wirkung des Herbizids und zu schmutzigen Vertuschungstricks in Hülle und Fülle präsentierten, entschieden die RichterInnen zu Gunsten des Leverkusener Multis. Als einen Grund dafür nennt die Prozess-Beobachterin Carey Gillam, dass die VertreterInnen der Geschädigten die unlängst von einem Gericht geahndeten gravierenden Versäumnisse der US-amerikanischen Umweltbehörde EPA bei der Glyphosat-Zulassung während der Verhandlungstage nicht zum Gegenstand machen durften.