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Presse-Information CBG vom 28.03.2023

CBG lehnt Arzneimittel-Lieferengpass-Gesetz ab

Kapitulation vor BAYER & Co.

Die Coordination gegen BAYER-Gefahren (CBG) spricht sich gegen das Gesetz zur Bekämpfung von Lieferengpässen im Medikamenten-Bereich aus, welches das Bundeskabinett am morgigen Mittwoch auf den Weg bringen möchte. „Die BAYER & Co. erteilten Zulassungsgenehmigungen verpflichten dazu, für ‚eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung' der Pharmazeutika zu sorgen. Dem kommen die Unternehmen aber aus Profit-Gründen nicht nach. Und jetzt will der Gesundheitsminister die Konzerne für ihre Versäumnisse auch noch belohnen und ihnen mit Millionen-Subventionen auf die Sprünge helfen. Das lehnt die Coordination gegen BAYER-Gefahren ab", hält CBG-Geschäftsführer Marius Stelzmann fest.

Aktuell meldet das „Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte" (BfArM) 451 Lieferengpässe. Auch BAYER-Präparate finden sich immer wieder auf der Liste. So fehlten den Apotheken in den letzten Wochen und Monaten etwa das Antibiotikum CIPROBAY, ASPIRIN in den unterschiedlichen Darreichungsformen, das Herz/Kreislauf-Präparat NIMOTOP und das Magenmittel IBEROGAST. Als Gründe für „die angespannte Liefer-Situation" gibt der Leverkusener Multi „besondere Herausforderungen in der Beschaffung und Versorgung mit Roh- oder Hilfsstoffen sowie Personalmangel in der Produktion oder bei der Aufrechterhaltung von Lieferketten" an. Zudem verweist er auf eine erhöhte Nachfrage nach bestimmten Pharmazeutika und die aktuellen „politischen und wirtschaftlichen Spannungen".

Die wahren Ursachen liegen allerdings tiefer. Im Zuge der Globalisierung haben die Pillen-Riesen ihre Wertschöpfungsketten über den halben Globus verteilt und viele eigene Fabriken dichtgemacht. BAYER schloss als erster großer Pharma-Produzent im Jahr 1999 einen Vertrag mit einer indischen Firma ab. RANBAXY hatte es geschafft, das Interesse des Global Players für den CIPROBAY-Wirkstoff Ciprofloxacin in einer neuen Formulierung zu wecken. Solche Innovationen gelangen RANBAXY wie auch anderen Betrieben des Landes danach kaum noch. So mussten sie sich fortan weitgehend auf die Rolle eines Zulieferers von Big Pharma beschränken und diese mit chinesischen Anbietern teilen.

Mit Werbe-Slogans wie „Maximale Förderung – minimale Kontrolle" buhlten sie erfolgreich um Ansiedlungen. Aber die konkurrenzlos billige Fertigung ohne lästige Sozial- und Umweltstandards hat ihren Preis. Besonders die Einleitung von antibiotika-haltigen Abwässern in die Flüsse und Seen entfaltet eine fatale Wirkung. Durch die permanente Zufuhr der Substanzen gewöhnen sich die Krankheitserreger nämlich an diese und bilden Resistenzen heraus. Solche „Superbugs" verbreiten sich nirgendwo auf der Welt so stark wie in Indien. Allein im Jahr 2013 starben dort 58.000 Babys, weil sie sich mit Keimen infiziert hatten, gegen die kein Kraut mehr gewachsen war. Das höchste Risiko geht dabei einer neuen Untersuchung zufolge von Ciprofloxacin aus.

Die Pharma-Riesen gliedern aber nicht nur immer mehr Teile der Produktion eines Medikamentes aus, sie trennen sich auch von immer mehr Mitteln oder sogar ganzen Indikationsgebieten. Stattdessen konzentrieren sie sich auf die Entwicklung einiger weniger patentgeschützter und daher besonders rendite-trächtiger Pharmazeutika. Besonders hoch im Kurs stehen dabei – die Lebenszeit der PatientInnen oftmals nur um ein paar Wochen verlängernde – Krebs-Therapeutika und Medikamente gegen seltene Krankheiten. Die Anzahl der Hersteller für Arzneien, welche die medizinische Grundversorgung sicherstellen, nimmt hingegen immer mehr ab, da diese Produkte keine Milliarden-Umsätze versprechen. Dementsprechend steigt die Gefahr für Lieferausfälle.

Gesundheitsminister Karl Lauterbach will der Mangellage nun begegnen, indem er Medikamente für Kinder von den Festbetragsregelungen ausnimmt und bei anderen „versorgungskritischen" Pharmazeutika die Möglichkeit von Festbetragsanhebungen um bis zu 50 Prozent eröffnet. Zudem bietet das Gesetz finanzielle Anreize, um die Pillen-Unternehmen dazu zu bewegen, verstärkt nach den so dringend benötigten neuen Antibiotika zu forschen und mehr Arzneien vor Ort zu produzieren.

„Diese Maßnahmen werden nicht reichen, um die Liefer-GAUs zu beenden. Dazu bedürfte es vielmehr einer radikalen Reform des Pillen-Sektors mit Umverteilungen zu Ungunsten von Big Pharma. Aber da traut sich die Ampelkoalition aus Angst vor dem Lobby-Druck von BAYER & Co. nicht dran", so Stelzmann abschließend.

Pressekontakt:

Marius Stelzmann 0211/33 39 11
presse@cbgnetwork.org