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BAYER in der Defensive

35 Gegenredner*innen

Der Gegenredner*innen-Rekord von 2018 hatte nicht lange Bestand: Die diesjährige Hauptversammlung überbot ihn mit ihren 35 Konzern-Kritiker*innen spielend. Bis 23 Uhr mussten sich Vorstand und Aufsichtsrat anhören, mit welchen Risiken und Nebenwirkungen ihre gnadenlose Profit-Jagd einhergeht.

Von Jan Pehrke

Ganz so als reichte die geballte Konzernkritik in der Hauptversammlung selber nicht, gab es noch ein Vorspiel. Einige Aktivist*innen nutzten am frühen Morgen schon die Kundgebung auf dem Platz der Vereinten Nationen, um dem Leverkusener Multi die Leviten zu lesen. So schrieb Thomas Cierpka von der internationalen Bio-Landwirt*innen-Vereinigung IFOAM das agro-industrielle Modell, das der Global Player mit seiner Übernahme von MONSANTO noch forciert, in seiner Rede als nicht zukunftsfähig ab. „Wir werden die Nachhaltigkeitsziele nicht mit BAYSANTO erreichen“, konstatierte er.
Annemarie Volling von der ARBEITSGEMEINSCHAFT BÄUERLICHE LANDWIRTSCHAFT (AbL) widmete sich noch einmal dem viel zitierten Satz des Vorstandsvorsitzenden Werner Baumann: „Mit vollen Hosen gewinnen Sie eben keinen 100-Meter-Lauf“ und listete mit dem MONSANTO-Desaster im Allgemeinen und den Gen-GAUs und den vielen Schadensersatz-Prozessen im Besonderen die Folgen seines Wagemutes auf. Für Volling zeigte dieser Haufen Probleme, den die AbL mitsamt einem ziemlich derangierten Baumann vor dem Bonner „World Conference Center“ auch visuell dargestellt hatte, dass das Gegenteil des von dem Ober-BAYER Behaupteten richtig ist: Wer auf seiner Jagd nach Profit kein Risiko scheut und über Sicherheitsbedenken leichtfertig hinweggeht, der hat am Ende die Hosen voll und gewinnt den Marathon-Lauf für eine gesunde Lebensmittel-Erzeugung auf keinen Fall.

Pestizid-Folgen
Mit Themen wie „MONSANTO“, „unerwünschte Arznei-Effekte“ und „Pestizid-Nebenwirkungen“ hatten Cierpka, Volling und die anderen Redner*innen frühmorgens schon einmal die Agenda für den Tag gesetzt. Welche fatalen Folgen die Ackergifte von BAYER & Co. vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern haben, erfuhren neben den Kundgebungsteilnehmer*innen auch die Aktionär*innen im Saal aus erster Hand. Der Brasilianer Alan Tygel von der PERMANENTEN KAMPAGNE GEGEN AGRARGIFTE UND FÜR DAS LEBEN berichtete darüber. In dem lateinamerikanischen Staat erhöhte sich ihm zufolge die Zahl der von Glyphosat & Co. verursachten Vergiftungen von 2.726 im Jahr 2007 auf 7.200 im Jahr 2017. Über 2.000 Sterbefälle regi-strierten die Behörden in diesem Zeitraum. Mit ein Grund für die immensen Todes-Raten: BAYER vertreibt in Brasilien zwölf Agro-Chemikalien, die in der EU wegen ihres Gefahrenpotenzials keine Zulassung (mehr) haben. Neben Tygel kritisierte auch Christian Russau vom DACHVERBAND DER KRITISCHEN AKTIONÄRINNEN UND AKTIONÄRE diese Politik der doppelten Standards. Ob das alles auch schon zu Klagen in Brasilien oder anderen Ländern des Kontinents und geführt hat, wollte dann die BUND-Aktivistin Daniela Wannemacher vom Vorstand wissen.
Christophe Mailliet von der AKTIONSGEMEINSCHAFT SOLIDARISCHE WELT (ASW) legte den Fokus auf Indien und führte der Hauptversammlung dabei neben den schädlichen Wirkungen von Glyphosat auf die menschliche Gesundheit auch die anderen negativen Begleiterscheinungen des Mittels vor Augen. Den Verlust der Artenvielfalt, die Auslaugung der Böden und die Resistenz-Bildungen zählte er dazu. Darüber hinaus halten die in Kombination mit diesem Ackergift vermarkteten Gen-Pflanzen Mailliet zufolge nicht das, was die BAYER-Manager*innen an Ertragszuwachs versprechen. „In Indien nehmen sich jedes Jahr über 10.000 Bauern das Leben, weil sie auch dadurch dramatisch überschuldet sind“, so der ASW-Aktivist. Darum setzt er sich zusammen mit indischen Partner-Organisation unter anderem für einen Verkaufsstopp von Glyphosat ein und überreichte dem Vorstand eine entsprechende Petition, die 4.500 Menschen unterzeichnet hatten.
Aber nicht nur Glyphosat hat es in sich. Die fatalen Effekte von LASSO (Wirkstoff: Monochlorbenzol) bekam der französische Landwirt Paul François am eigenen Leib zu spüren (siehe S. 22 f.) Peter Clausing vom PESTIZID AKTIONS-NETZWERK (PAN) lenkte die Aufmerksamkeit auf zwei weitere gefährliche Pestizide: Thiacloprid (enthalten unter anderem in den BAYER-Produkten ALANTO, BARIARD, CALYPSO) und Methiocarb (MESUROL). Thiacloprid zum Beispiel hat die Europäische Union als „wahrscheinlich fortpflanzungsschädigend“ eingestuft und unter Krebs-Verdacht gestellt. Darum fragte Clausing: „Wäre die Unternehmensleitung bereit, Thiacloprid in der Europäischen Union freiwillig vom Markt zu nehmen?“
Für Methiocarb – und andere Agro-Chemikalien der beiden höchsten Giftigkeitsklassen 1a und 1b – hatte BAYER gemeinsam der BASF und SYNGENTA im Jahr 2013 einen solchen Verkaufsstopp angekündigt. Nur als Saatgut-Beize und als Mittel gegen den Fransenflügler wollte der Leverkusener Multi das Mittel noch anbieten. Diese Zusage hat der Konzern jedoch nach Clausings Recherchen nicht eingehalten: Auf seiner Jordanien-Website preist der Global Player das Methiocarb-Produkt MESUROL 50 WP zur Bekämpfung von Zwerg-Zikaden, Blattläusen und anderen Insekten an.
Aber auch als Saatgut-Beize ist der Stoff alles andere als harmlos. So trägt er unter anderem zum Bienensterben bei. Den Beweis erbrachte der Imker Christoph Koch: „Im Pollen-Monitoring der ‚Landesanstalt für Bienenkunde’ der Universität Hohenheim wird immer noch das Mais-Beizmittel MESUROL festgestellt.“ Seine Kollegin Annette Seehaus-Arnold, die Vize-Präsidentin des „Deutschen Berufs- und Erwerbsimker-Bundes“, prangerte vor allem das Festhalten des Konzerns an den besonders bienengefährlichen Ackergiften aus der Gruppe der Neonikotinoide an und forderte den Vorstand zu einschneidenden Maßnahmen auf. „Die Firma BAYER wird nur eine Zukunft haben, wenn Sie, sehr geehrter Herr Baumann, endlich die Weichen für eine bienenfreundliche Landwirtschaft stellen“, prophezeite Seehaus-Arnold dem Unternehmenschef.
Noch zahlreiche weitere Imker*innen und Umweltschützer*innen ergriffen auf dem Aktionär*innen-Treffen zu diesem Thema das Wort, aber den Großen Vorsitzenden ließ das ungerührt. „Experten aus aller Welt gehen davon aus, dass die Gesundheit von Bienen von einer Reihe von Faktoren beeinflusst wird (...) Die Hypothese, dass Pflanzenschutzmittel bei ordnungsgemäßer Verwendung dazugehören, wird durch eine Reihe wissenschaftlicher Untersuchungen und Monitorings weitgehend widerlegt“, beschied Baumann den Bienenzüchter*innen. Die Neonicotinoide sind für ihn genau so sicher wie MESUROL, LASSO, Glyphosat und all die anderen chemischen Keulen – „bei sachgemäßer Anwendung“, wie er immer wieder betonte. Und den Vorwurf, bei der Vermarktung des Sortiments „doppelte Standards“ anzulegen, versuchte er mit der Bemerkung zu entkräften, „dass wir nur Produkte anbieten, deren Wirkstoffe mindestens in einem OECD-Land registriert sind“. Lediglich in einer Sache gab der BAYER-Chef klein bei: Er konzedierte Peter Clausing, dass die pro-aktive Bewerbung von MESUROL 50 WP in Jordanien gegen Richtlinien verstoße. Und inzwischen landet die entsprechende Such-Anfrage auch im Nichts: „The requested document was not found.“

Arznei-Folgen
Nach den Folgen von Glyphosat & Co. für Mensch, Tier und Umwelt nahmen die Risiken und Nebenwirkungen der BAYER-Arzneien den größten Teil der Schadensbilanz ein, welche die Gegen-Redner*innen der Manager*innen-Riege an diesem Freitag präsentierten. Krank machten dabei vor allem die Pharmazeutika aus dem Bereich „Frauengesundheit“. Eines davon ist der hormonelle Schwangerschaftstest DUOGYNON. Das von der heute zu BAYER gehörenden Firma SCHERING in England auch unter dem Namen PRIMODOS vermarktete Präparat hat ab den 1950er Jahren zu tausenden Totgeburten geführt. Darüber hinaus kamen bis zum Vermarktungsstopp Anfang der 1980er Jahre unzählige Kinder mit schweren Missbildungen zur Welt. Auch Marie Lyons Tochter Sarah zählte dazu. Darüber verlor ihre Mutter auf der Hauptversammlung jedoch kein Wort. Die Britin nahm die weite Reise nach Bonn auf sich, um Baumann & Co. mit einer Reihe von firmen-internen Dokumenten zu konfrontieren. Diese belegen eindeutig, dass SCHERING schon früh Kenntnis von der Gefährlichkeit des Produkts hatte. Aus diesem Grund kann BAYER nicht länger Unbedenklichkeitsbescheinigungen für das Mittel ausstellen und muss stattdessen Verantwortung für die Geschädigten übernehmen, lautete das Credo Lyons. Die Bundestagsabgeordnete Sylvia Gabelmann von der Partei „Die Linke“ teilte diese Einschätzung. „Werden Sie bereit sein, mit den Opfern und deren Angehörigen zu reden und ihnen die Aufklärung zu erleichtern? Und werden Sie sich mit der Bundesregierung zusammensetzen und ihre Bereitschaft erklären, sich finanziell an einer Entschädigungslösung zu beteiligen?“, fragte sie deshalb die Vorstände.
Der Kinderarzt Gottfried Arnold und die Apothekerin Beate Kirk widmeten sich ebenfalls dem Schwangerschaftstest. Der Mediziner thematisierte jedoch daneben auch noch die unerwünschten Arznei-Effekte des Hormon-Präparats CYREN A mit dem Wirkstoff Diethylstilbestrol und die Pharmazeutin die Nebenwirkungen der Hormon-Spiralen MIRENA, JAYDESS und KYLEENA. CYREN A kam lange bei Frauen mit einem erhöhten Fehlgeburten-Risiko zum Einsatz, bis Wissenschaftler*innen auf die fatalen Folgen aufmerksam machten. Bei den weiblichen Nachkommen trat häufig Scheiden-, Gebärmutterhals-, Eierstock- oder Brustkrebs auf und bei den männlichen Nachkommen verursachte das Mittel Fehlbildungen im Genitalbereich. Den Leverkusener Multi aber störte das damals nicht groß, berichtete Arnold, das Unternehmen beschränkte bloß das Anwendungsgebiet ein wenig und machte ansonsten weiter Kasse mit dem Medikament.
Auch MIRENA & Co. vermarktet der Konzern ohne Rücksicht auf Verluste, wie Beate Kirk in ihrem Beitrag kritisierte. So setzen sich Frauen, die mit einer Spirale verhüten, im Vergleich zu denjenigen, die orale Kontrazeptiva einnehmen, einem höheren Depressions- und Suizid-Risiko aus. Einen entsprechenden Warnhinweis musste der Pharma-Riese Kirk zufolge auf Veranlassung der Europäischen Arzneimittel-Behörde EMA erst jüngst auf dem Beipackzettel anbringen. Darum richtete die Pharmazeutin die Frage an den Unternehmensvorstand: „Welchen Nutzen haben die von BAYER vertriebenen Hormonspiralen, der die (...) demnach wohl zu erwartende höhere Anzahl von Todesfällen bei Frauen rechtfertigen könnte?“
Für eine „höhere Anzahl von Todesfällen“ sind auch die Verhütungsmittel des Leverkusener Multis aus der YASMIN-Familie verantwortlich. Und beinahe hätte Felicitas Rohrer dazugehört. Sie hatte das Verhütungsmittel YASMINELLE mit dem Wirkstoff Drospirenon – eine Pille der 4. Generation – eingenommen und im Juli 2009 eine beidseitige Lungen-Embolie mit akutem Atem- und Herzstillstand erlitten. Nur durch eine Notoperation gelang es den Ärzt*innen damals, ihr Leben zu retten. Deshalb prozessiert die 34-Jährige gegen den Konzern und konfrontiert seine Manager*innen auf den Hauptversammlungen regelmäßig mit der Schreckensbilanz dieser Kontrazeptiva, welche das „Bundesinstitut für Arzneien und Medizinprodukte“ (BfArM) führt. „Alleine in Deutschland wurden dem BfArM durch Pillen der 3. und 4. Generation 53 Todesfälle und 1.463 thrombo-embolische Vorfälle gemeldet. Wir schätzen die Dunkelziffer weitaus höher, da oft kein kausaler Zusammenhang vermutet wird“, führte Rohrer aus. Beim Vorstand erkundigte sie sich dann nach den weltweiten Zahlen und fragte an, wie viele Prozesse das Unternehmen in dieser Angelegenheit mittlerweile führen muss.
Christopher Stark, Autor des Buches „DIANE, SELINA, LARISSA – Hormonverhütung und die Risiken“ (siehe auch SWB 2/19), sprach ebenfalls zum Gefährdungspotenzial von YASMIN & Co. „Für die Opfer dieser gefährlichen Präparate dürften BAYER-PR-Aussagen wie ‚Patienten-Sicherheit steht für BAYER an erster Stelle’ wie blanker Hohn erscheinen“, hielt er fest. Besonders an der aggressiven und irreführenden Werbung, die von „niedriger dosierten“ Mitteln mit einer nur „lokalen Wirkung“ spricht und von „schöner Gesichtshaut“ durch die Produkte kündet, nahm der Student Anstoß. Und Langzeit-Verhütungsimplantate wie JADELLE exklusiv in Ländern der „Dritten Welt“ in Umlauf zu bringen, rechnete er schlicht „neo-kolonialistischen Aktivitäten“ zu, die auf eine Beschränkung des Bevölkerungszuwachses aus ist.
Den zweiten Schwerpunkt im Pharma-Komplex bildeten die Medikamenten-Versuche mit Heimkindern, die der Leverkusener Multi in den 1950er Jahren begann und bis in die 1970er Jahre hinein fortsetzte. Nicht nur die Betroffenen selber ergriffen dazu das Wort (siehe S. 22 f.). Dr. Klaus Schepker von der Universität Ulm hat sich wissenschaftlich mit den Tests beschäftigt und gab einige Einblicke in die Hintergründe. So hat der Global Player laut Schepker das Landeskrankenhaus Schleswig, in dessen jugendpsychiatrischer Abteilung Eckhard Kowalke und andere Heimkinder „einsaßen“, im Zuge der Markt-Einführung von Psychopharmaka als „Prüfstelle“ genutzt. Anschließend bot der Konzern dann Pharmazeutika wie MEGAPHEN und AOLEPT gezielt für „pädagogische“ Indikationen an und hielt auch gleich „Anstaltspackungen“ bereit. Der Forscher zitierte dazu BAYER-Werbung, welche den Mitteln Eigenschaften wie „emotional und affektiv ausgleichend“, „unterdrückt destruktive und asoziale Tendenzen“ und „fördert die Anpassungsfähigkeit an Familie und Gemeinschaft“ zuschrieb. Als „ethisch fragwürdig“ verurteilte der Universitätslehrer diese Praxis.
Ob es noch ein bisschen mehr war, ließ Sylvia Gabelmann am 14. Dezember 2018 erörtern. Die Politikerin hatte zu diesem Termin im Bundestag ein Fachgespräch zu den Medikamenten-Erprobungen initiiert. Einigkeit über die Strafwürdigkeit des Tuns von BAYER und anderen Pillen-Firmen konnten die Expert*innen damals nicht erzielen, so Gabelmann, gleichwohl habe der Leverkusener Multi in jedem Fall „eine moralische Verantwortung“. Deshalb stellte sie den Vorständler*innen die Frage: „Sind Sie bereit, sich bei den Opfern zu entschuldigen, die unter den Arzneimittel-Studien zu leiden hatten? Und sind Sie bereit, Entschädigungen zu zahlen?“

Das Risiko/Nutzen-Profil
Dazu war Werner Baumann nicht bereit. Auch dem Wunsch von Felicitas Rohrer: „Und bitte unterlassen Sie den ewig gleichen Hinweis auf das positive Risiko/Nutzen-Profil Ihrer Pillen“ entsprach er nicht, obwohl Sanjay Kumar in seiner Rede ebenfalls eine solche Forderung formuliert hatte. Nach Ansicht des Medienwissenschaftlers verbietet es sich, positive und negative Arznei-Effekte gegeneinander aufzurechnen, wenn im schlimmsten Fall Gefahr für Leib und Leben droht. Für Kumar ist der Tod mit nichts aufzuwiegen. „Sind Sie eigentlich im Bilde, dass für eine Risikobewertung Nutzen komplett irrelevant sind?“, fragte er deshalb.
Aber der BAYER-Chef zeigte sich davon unbeeindruckt und brachte wieder die alten Textbausteine in Anschlag: „Sowohl die Hormon-Spiralen als auch die kombinierten oralen Kontrazeptiva von BAYER besitzen bei bestimmungsgemäßen Gebrauch (...) ein positives Nutzen/Risiko-Profil.“ Und überhaupt würden die Pharmazeutika des Konzerns „vor der Zulassung eingehend geprüft“, konstatierte Baumann.
In der Causa „Dhünnaue“ gab er ebenfalls Entwarnung. Obwohl der nordrhein-westfälische Landesbetrieb Straßenbau BAYERs Giftgrab im Zuge eines Autobahn-Baus wieder öffnet und das Abpumpen des verunreinigten Sickerwassers bei Niedrigständen des Rheins wie im letzten Sommers nicht mehr reibungslos funktioniert, beschied der Vorstandsvorsitzende Lars-Ulla Krajewski: „Gefahren bestehen nicht.“ Und selbstverständlich bestehen diese auch bei den neuen Gentechnik-Verfahren nicht, bekam Daniela Wannemacher zu hören. Und dann waren da noch die Nebenwirkungen der juristischen Nebenwirkungen der Glyphosat-Nebenwirkungen auf die Belegschaftsangehörigen, die Klaus Hebert-Okon vom BELEGSCHAFTSTEAM, einer alternativen Betriebsratsgruppe, zur Sprache brachte. „Mit jedem Urteil wächst die Angst“, sagte der Gewerkschaftler und verlieh damit Befürchtungen Ausdruck, der Agro-Riese könnte noch mehr als die bereits angekündigten 12.000 Arbeitsplätze vernichten. Dies verneinte Baumann und war sich im Übrigen bei der Beurteilung der rechtlichen Glyphosat-Risiken keiner Schuld bewusst: BAYER hätte ein Anwaltsbüro aus den Top Ten der US-amerikanischen Großkanzleien im Frühjahr 2016 mit einer Prüfung der Sache betraut und Entwarnung signalisiert bekommen.
35 Konzern-Kritiker*innen und zu allem Übel auch noch zahlreiche andere Redner*innen von Investment-Gesellschaften oder Aktionär*innen-Vereinigungen, die es zumeist auch nicht gerade gut mit dem Konzern meinten – das überforderte die Nehmer-Qualitäten Werner Baumanns an diesem Tag sichtlich. Nur einem Aktionär konnte er an diesem Tag aus vollem Herzen zustimmen. Dieser sah die Hauptversammlung „instrumentalisiert von Leuten, die gar keine echten Aktionäre sind“ und meinte damit offenkundig die Aktivist*innen von der COORDINATION GEGEN BAYER-GEFAHREN und anderen Organisationen. Diese Empörung konnte der Vorstandsvorsitzende „in gewisser Hinsicht sehr gut nachvollziehen“.