deutsch
english
francais
espanol
italiano
Spenden
Photo
HV Gegenanträge

Gegenantrag zur BAYER-Hauptversammlung am 26. April 2019

Hiermit zeigen wir an, dass wir zum Punkt 3 der Tagesordnung den Vorschlägen des Vorstands und des Aufsichtsrats widersprechen und die anderen AktionärInnen veranlassen werden, für den folgenden Gegenantrag zu stimmen.

Gegenantrag zu TOP 3: Der Aufsichtsratwird nicht entlastet

BAYER hat von 1955 bis zur gesetzlichen Regelung des Zulassungsverfahrens im Jahre 1978 Arzneien in Kinderheimen und jugendpsychiatrischen Einrichtungen testen lassen. Nach der Markteinführung dieser Wirkstoffe hat BAYER diese Produkte für nicht getestete, nicht-medizinische Indikationen in großem Umfang an Heime und Anstalten verkauft.

Bis 1961 mussten Medikamente lediglich „angemeldet“, von 1961 bis 1978 bloß „registriert“ werden. Erst ab 1978 existierte das heute bekannte Zulassungsverfahren. Diese Situation nutzte BAYER in doppelter Art und Weise aus: Vor der Anmeldung/Registrierung profitierte der Konzern von der willfährigen Unterstützung, welche er im Personal der Heime fand. Deren Bereitschaft, Medikamente für das Unternehmen an Heimkindern zu erproben, verbilligte die Verfahren erheblich. Und nach der Anmeldung/Registrierung wurden die Heime zu Absatzmärkten für die Pharmazeutika.So haben die Heimkinder als Versuchskaninchen zu BAYERs Millionen-Umsätzen in diesem Segment beigetragen.

Für die Medikamentierung wurden von BAYER ohne jegliche Versuchsbelege teilweise völlig unspezifische und willkürliche Symptome als Indikation genutzt. Verhaltensweisen von Kindern wie „Klagsamkeit“, „leichte Reiz-barkeit“ und „Ängstlichkeit“, die heute als gewöhnliche Verstimmungen gelten, machten damals nach Ansicht von Unternehmen und ÄrztInnen einenmassiven Pharma-Einsatz erforderlich.

Als Beispiel für diese Praxis kann das BAYER-Produkt MEGAPHEN gelten, das die MedizinerInnen 1956 in der pädo-psychiatrischen Abteilung des Landeskrankenhauses Schleswig erprobten. Der MEGAPHEN-Inhaltsstoff Chlorpromazin wirkt dämpfend. Das sollte für Ruhe in den Klassenzimmern sorgen und so den Schul-Unterricht unkomplizierter gestalten. Nachdem die Studien den sedierenden Effekt bestätigten, verkaufte BAYER das Mittel jahrzehntelang nicht zuletzt an Heime. Ein auf MEGAPHEN basie-rendes Kombinationspräparat wurde dementsprechend auch gleich in „Anstaltspackungen“ angeboten. Ähnlich ging der BAYER-Konzern mit dem 1965 auf den Markt gebrachten Neuroleptikum AOLEPT vor. Dieses Pharmazeutikum brachte er für eine große Spannbreite von Symptomen auf den Markt, die größtenteils überhaupt keine medizinische Indikation hatten. AOLEPT wurde im Schleswiger Landeskrankenhaus insgesamt 141 Kindern und Jugendlichen zwangsweise verabreicht. Dabei hielten die ÄrztInnen gravierende Nebenwirkungen wie etwa „Muskelverkrampfungen an den Augen, des Rückens und der mimischen Muskulatur“ fest.

Weder die Kinder noch ihre Erziehungsberechtigten hatten damals ihre Einwilligung zu den Tests erklärt. Zudem unterzogen die MedizinerInnen oftmals völlig gesunde Heranwachsende der Prozedur. Auch führten diese in der Regel keine Voruntersuchungen durch. „Das ist ethisch problema-tische Forschung. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen: ‚Das ist ethisch unzulässige Forschung’“, sagt die Kieler Medizin-Ethikerin Alena Buyx deshalb.

Der Verkauf von BAYER-Produkten für nicht-medizinische, pädagogische Indikationen ist nicht weniger fragwürdig und „eine monate-, vielleicht sogar jahrelange Dauermedikation als Kind, mit quasi ungetesteten Psychopharmaka im Anstalts-und Heimalltag, lässt Folgeschäden möglich erscheinen“ (Dr. Klaus Schepker u. Prof. Dr. Jörg Fegert 2019: „Neurolep-tika für Kinder ‚erleichtern das Zusammenleben’“ in PsychosozialeUmschau 2/19).

Der Vorstand des Konzerns ist in der Pflicht, mit den Betroffenen der Medikamentenversuche und der Dauermedikationen eine Aufklärung der Vorfälle durchzuführen und ihnen eine angemessene Entschädigung zu garantieren. Auf bisherige Kontaktversuche von Heimkindern, an denen medizinische Experimente durchgeführt wurden, reagierte der Konzern überhaupt nicht. Der Aufsichtsrat hat das geduldet, ohne einzugreifen, deshalb ist ihm die Entlastung zu verweigern.

Um Mitteilung dieses Gegenantrags bitten wir gemäß §§ 125, 126 AktG. Die Aktionärinnen und Aktionäre werden gebeten, ihre Stimmrechte der Coordinationgegen BAYER-Gefahren zu übertragen.

Für den Vorstand der Coordination gegen BAYER-Gefahren e. V.