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STICHWORT BAYER 02/2013

Forschungssubventionen

BAYER sahnt ab

Der Leverkusener Multi hat von 1971 bis heute über 250 Millionen Euro an Forschungssubventionen erhalten. Mehr als 400 Projekte hat das „Bundesministerium für Bildung und Forschung“ in diesem Zeitraum gefördert.

Von Jan Pehrke

Der Leverkusener Multi bildet sich viel auf seine Innovationskraft ein. „Als Erfinder-Unternehmen setzt BAYER seit nunmehr 150 Jahren Zeichen in forschungsintensiven Bereichen“ hält der Konzern fest. Allerdings helfen die SteuerzahlerInnen bei dieser Zeichensetzung kräftig mit, obwohl der Pharma-Riese kontinuierlich Milliarden-Gewinne macht. Über 250 Millionen Euro an Forschungssubventionen hat die Aktien-Gesellschaft von 1971 bis heute allein aus den Töpfen des „Bundesministeriums für Bildung und Forschung“ (BMBF) erhalten. Sage und schreibe 437 Projekte förderte das BMBF in diesem Zeitraum.
Es finanzierte unter anderem Vorhaben aus den Bereichen Gentechnik, Nanotechnik, Pharmazeutika, Agrochemikalien und Kunststoffe. So gab es etwa Geld für die Entwicklung eines Tests zum Nachweis von Fötus-Schädigungen aus embryonalen Mäuse-Stammzellen und zur gentechnischen Herstellung eines Impfstoffes gegen Herpes. Auch das Pflanzenbiotechnologie-Projekt „Zielgerichtete Züchtung zur Ertragssteigerung bei Raps“, den Einsatz biotechnologischer Methoden zur Erhöhung des Stärke-Gehaltes in Kartoffeln und die Identifizierung von Eigenschaften auf molekularer Ebene, „welche die Produktivität und Qualität der Pflanze erhöhen“, unterstützte das BMBF.
Forschungen auf dem Gebiet der Nanotechnik subventionierte das Ministerium ebenfalls großzügig. 145.000 Euro zahlte es BAYER für die Untersuchung der Material- und Umwelteigenschaften seiner Kohlenstoff-Nanoröhrchen namens BAYTUBES. Für die Produktion von Lacken und Kunststoffen auf BAYTUBES-Basis erhielt der Global Player fast 600.000 Euro. Noch mehr Mittel strich er für Labor-Versuche mit faser-verstärkten Hochleistungskunststoffen und ultradünnen Kunststoff-Beschichtungen ein: 2,7 bzw. 1,1 Millionen Euro. Zudem weist der „Förderkatalog“ des Forschungsministeriums die Unterstützung von Experimenten mit Solarzellen, hochauflösender Bildgebung, Keramik-Filtern, Pulvern zur Wärmedämmung und Grundstoffe-Recycling aus. Sogar Biopiraterie-Unternehmungen wie die Extrahierung von Steroid-Grundstoffen aus ecuadorianischen Pflanzen und Maßnahmen zur Weiterqualifizierung von AusbilderInnen sowie zur Verbesserung der innerbetrieblichen Transport-Abläufe sponserte der Bund.
Auch andere börsen-notierte Multis wie BMW, SIEMENS, LINDE und E.ON sahnten kräftig ab. 241,7 Millionen Euro bekamen die 30 DAX-Unternehmen im Jahr 2011 an Forschungssubventionen – das sind 12 Prozent der Gesamtzahlungen der einzelnen Ministerien an die Wirtschaft. „Die Förderung konzentriert sich sehr stark auf größere Unternehmen, weil große Ministerialbürokratien gerne mit großen Unternehmensbürokratien zusammenarbeiten“, erläuterte Professor Dr. Henning Klodt vom Kieler Institut für Weltwirtschaft im ARD-Magazins plusminus. Die Bundesregierung bestreitet diesen Sachverhalt allerdings in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Partei „Die Linke“. „Größere Unternehmen werden absolut und im Vergleich zu ihren Eigenaufwendungen stark unterproportional gefördert“, betont sie und verweist darauf, dass an kleinere und mittlere Unternehmen im vorletzten Jahr mit 1.1 Milliarden Euro über 62 Prozent der Gelder von insgesamt 1,9 Milliarden Euro gingen. Das entspricht jedoch noch immer nicht ihrer Wirtschaftskraft. Zudem verteilen sich die restlichen 709 Millionen auf viel weniger Betriebe, weshalb BAYER & Co. viel höhere absolute Summen einstreichen.
Auf Kritik stößt aber nicht nur der Millionen-Regen für BAYER & Co., sondern auch die generelle Ausrichtung der Forschungsförderung, die sich mehr und mehr auf vermarktbare Produkte fokussiert. „Der Staat sollte sich auf die Bereiche konzentrieren, in denen der Markt eben nicht für die notwendige Finanzierung sorgt, und das ist die Grundlagenforschung oder anders ausgedrückt, die Forschung, die nicht unmittelbar zur Produktion oder zur Marktreife führt. Dieses Grundverständnis geht aber in der Politik in den letzten Jahren immer stärker verloren“, moniert Klodt deshalb.
BAYER aber reicht der Geldsegen für seine wissenschaftlichen Abteilungen noch nicht. So fordert der Agro-Riese seit Jahr und Tag Abgaben-Erleichterungen für seine Forschungs- und Entwicklungsausgaben. „Sinnvoll wäre eine Steuer-Gutschrift“, meint der Vorstandsvorsitzende Marijn Dekkers und nennt 20 bis 30 Millionen Euro als Größenordnung.