deutsch
english
francais
espanol
italiano
Spenden
Photo
Pharmamarketing

16.10.2008, Financial Times Deutschland

US: Bayer droht Ärger wegen Aspirin-Werbung

Bayer stößt bei der Vermarktung von Aspirin in den USA auf Widerstand. Ein Ausschuss des amerikanischen Repräsentantenhauses prüft einen Verstoß des Chemie- und Pharmakonzerns gegen die Marketingvorgaben der US-Zulassungsbehörde FDA.
Betroffen ist eine Tablette, die Bayers Wirkstoff mit dem Nahrungsergänzungsmittel Phytosterol kombiniert. Anstoß nehmen die Politiker daran, dass Bayer das Produkt als "herzschonende" Aspirin-Version bewirbt. Phytosterol soll eine cholesterinsenkende Wirkung auf das Blut haben und wird auch Margarine, Salatdressings oder Frühstücksflocken zugesetzt.
Aspirin ist in den USA populär und wird von vielen Konsumenten zur Vorbeugung gegen Herzinfarkte eingenommen. Werbung für Pillen gehört in US-Medien zum Alltag wie die für Schokolade und Autos. Die FDA achtet aber nicht nur bei verschreibungspflichtigen Produkten auf überzogene Versprechungen. Die Behörde hat bereits 2000 die Hersteller von rezeptfreien Medikamenten davor gewarnt, bei der Werbung für Kombiprodukte vorgegebene Grenzen zu überschreiten. Probleme ergeben sich daraus, dass ein geprüftes Arzneimittel mit einem Nahrungsergänzungsmittel vermischt wird, dessen medizinische Wirkung strittig sein kann. Ein Produkt, dessen Gesundheitswirkung nicht von der FDA anerkannt sei, würde so ein behördliches Qualitätssiegel erhalten, das es nicht verdient habe.
Im Falle der Aspirin-Kombitablette könnte der Konsument dem Phytosterol den Status einer FDA-geprüften Wirkungsweise für das Herz zuordnen. Vor solchen Irreführungen warnt die FDA. Sie wies die Arzneimittelhersteller darauf hin, dass die Zugabe eines Lebensmittelzusatzstoffes die Sicherheit und Effizienz eines Arzneimittels sogar deutlich beeinflussen könne. Die FDA schlug den Herstellern daher vor, solche Kombinationsprodukte gar nicht erst auf den Markt zu bringen.
Die Werbung Bayers für die potenziell herzschonende Aspirin-Tablette "könnte die Öffentlichkeit irreführen", so die Vermutung des demokratischen Parlamentariers John Dingell. Er ist der Vorsitzende des Commitee on Energy and Commerce im Repräsentantenhaus, das sich sehr kritisch mit Pharmawerbung auseinandersetzt. Statistiken zufolge haben die großen fünf europäischen Branchenvertreter, zu denen Bayer allerdings nicht zählt, die Ausgaben für die Direktwerbung in den USA 2007 um 26 Prozent auf 1,3 Mrd. $ gesenkt.
Grund dafür sind außer Sparmaßnahmen auch andere Effekte: Firmen wie Novartis und Roche verstärken ihre Aktivitäten in Spezialmärkten wie der Krebstherapie und schalten weniger Anzeigen und TV-Spots. GlaxoSmithKline wiederum hält sich beim Diabetesmittel Avandia zurück, weil die FDA die Sicherheit des Mittels auf den Prüfstand gestellt hat. Und viele Produkte müssen nicht mehr beworben werden, weil deren Patentschutz abgelaufen ist. Der Markt fällt preiswerten Nachahmerarzneien zu. Peter Kuchenbuch (Hamburg)

Artikel "Pharmamarketing von BAYER"