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Podiumsdiskussion Monheim

31.03.2007, Rheinische Post

Monheim: Pipeline, Giftmüll, Bürgersorge

Ohne einen Vertreter der Bayer AG diskutierten die Bündnis-Grünen und ihr Publikum über die geplante Kohlenmonoxid-Pipeline. Zur Sprache kam auch die mögliche Verbrennung australischen Giftmülls.

"Das Thema ist komplett an uns vorbeigelaufen. Wir haben es nicht als ein problematisches Projekt wahrgenommen." Mit diesen Worten eröffnete der umweltpolitische Sprecher der Landtagsfraktion der Grünen, Johannes Remmel, eine Informationsveranstaltung seiner Partei im Monheimer Sojus 7. Zusammen mit Kreisumweltdezernent Hans-Jürgen Serwe und Philipp Mimkes vom Verein "Coordination gegen Bayer-Gefahren" tauschte sich der Landespolitiker vor 50 Zuhörern über die umstrittene Kohlenmonoxidleitung aus.

Bayer-Stuhl blieb leer
Zur Enttäuschung von Diskussionsleiter Dr. Norbert Stapper, Ortsverbandssprecher der Monheimer Grünen, war ein Stuhl auf dem Podium leer geblieben. Mit dem Hinweis, der zuständige Fachmann sei in Urlaub, verzichtete der Bayer-Konzern darauf, seine Sicht der Dinge darzulegen. Wie schon am vergangenen Freitag auf einer SPD-Veranstaltung, verliehen Bürger ihrem Unmut Ausdruck, dass ein solch sensibles Projekt an der Öffentlichkeit vorbei durchgesetzt wurde. Für Remmel macht dieser Fall deutlich, dass ein "Mindeststandard an Informationen öffentlich gemacht werden muss", sei es durch "Postwurfsendungen an alle Haushalte". Bislang reichen öffentliche Bekanntmachungen und Veröffentlichungen im Amtsblatt aus. "Es müsse von der Politik hinterfragt werden", so Mitdiskutant Serwe, "ob eine andere Planungskultur erwünscht ist." Vor allem das fehlende Sicherheitskonzept erregte den Unmut der Anwesenden. "Wie kann es sein", fragte ein Betroffener, "dass eine Pipeline genehmigt wird, ohne dass ein Sicherheitskonzept der Feuerwehr besteht." Hans-Jürgen Serwe verwies auf das im Auftrag von Bayer erstellte TÜV-Gutachten, über dessen Einzelheiten er nicht vor nächster Woche öffentlich reden darf, auch wenn durch Indiskretionen schon einige - scheinbar nicht ganz zutreffende - Einzelheiten an die Öffentlichkeit gelangt sind.

Dennoch: "Das Gutachten entspricht aber nicht dem, was man von einer Risikoanalyse erwartet", so der Umweltdezernent vorsichtig. Seiner Meinung nach sind die betroffenen Feuerwehren im Kreis weder mit ihrer Gerätschaft noch vom Ausbildungsstand her auf die möglichen Gefahren bei einem Unfall eingestellt. Da Bayer im Kreis kein Steuerzahler sei, "bleiben die Kosten für die Ertüchtigung im Kreis Mettmann hängen." Nicht allzu positiv schätzten die Diskutanten die Möglichkeit ein, die Pipeline rechtlich noch zu verhindern. Ein Weg: Das Projekt sei nach Wegfall der Propylenleitung nicht mehr von "öffentlichem Interesse", was die rechtliche Grundlage für Gebietsenteignungen ist. Vielmehr gehe es um die privatwirtschaftlichen Interessen Bayers. Eine zweite, wage Möglichkeit skizzierte Remmel: "Die Gefahrenabwehrpläne müssen ebenfalls noch genehmigt werden."

Im weiteren Verlauf des Abends wurden die Pläne des Bayer-Konzerns beleuchtet in Deutschland 11 000 Tonnen des Umweltgiftes Hexachlorbenzol (HCB) zu verbrennen, ein Viertel davon in Leverkusen und dem Monheim direkt gegenüber liegenden Dormagen. HCB gehört zu den als "Dreckiges Dutzend" international geächteten Substanzen und wurde früher als Pflanzenschutzmittel eingesetzt. "Die Stoffe stammen von einer unsicheren Deponie im australischen Sydney", so Philipp Mimkes vom Verein "Coordination gegen Bayer-Gefahren" und sollen nach seinen Angaben "aus Kostengründen" nach Deutschland verschifft werden. Die Überkapazitäten deutscher Müllverbrennungsanlagen sorgten für sinkende Entsorgungskosten und zögen weltweite Giftmülltransporte an. "Das widerspricht ganz klar dem Basler Abkommen, wonach Giftmüll ortsnah entsorgt werden muss", äußerte sich auch Landtagsmitglied Johannes Remmel empört. "Wir sind nicht allgemein gegen Giftmüllverbrennung. Aber Giftmüll ist kein Wirtschaftsgut. Ich habe Angst, dass hier dem Import Tür und Tor geöffnet wird." Als besonders problematisch gelten der Verbleib der Verbrennungsrückstände sowie der Transport. Mimkes: "Nicht auszudenken, wenn das havarierte Schiff in Köln Giftmüll geladen hätte."
VON KARSTEN SANDER